Eine schöne Geschichte

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simone1711 Avatar

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"Mit jedem Jahr" wäre vermutlich kein Buch gewesen, das ich mir unbedingt hätte kaufen wollen. Zumindest nicht nach dem Klappentext, der ihm kaum gerecht wird. Anhand der Leseprobe jedoch wurde mein Interesse geweckt, und im großen und ganzen wurde ich nicht enttäuscht.

Die kleine Harvey lebt mit ihren Eltern ein glückliches Leben, auch wenn diese so manches bedrückt und Harvey selbst mit den Sorgen zu tun hat, die kleine Kinder oft haben. Doch dann sterben ihre Eltern bei einem Autounfall und Harvey bleibt allein zurück. Die Großeltern sind gerade auch verstorben, es bleibt nur eine Pflegefamilie als Option. Die Sozialarbeiterin Wanda will jedoch, dass Harvey zu ihrem Onkel Jason kommt. Vorbestraft, gehandicapt, auf seine Art ein verbitterter Einzelgänger. Nicht gerade die Idealbesetzung! Doch Wanda sieht etwas in ihm, und mit etwas List bringt sie Jason dazu, Harvey selber bei sich haben zu wollen.

Die Geschichte ist teils mit Harvey als Kind, teils mit ihr als Erwachsener erzählt, die es aus den armen Verhältnissen mit ihrem Onkel zu einem tollen Job in Paris gebracht hat, wo ihr Dad sie besucht. Der Weg dorthin ist wunderbar einfühlsam beschrieben, und umfasst die wichtigsten Stationen der Annäherung zwischen Harvey und Jason. Der erste Schultag, Wutanfall, Ölwechsel, das erste Blumenpflanzen, der erste Streit. Manche Erinnerungen frischt Harvey während Jasons Besuch durch besondere Geschenke nochmals auf. Und dann wäre da noch das große Geheimnis, nach dem sie Jason fragen will.

Mir haben die Passagen mit Harvey als Kind wesentlich besser gefallen als die der erwachsenen Harvey. Sie waren realitätsnah beschrieben, aber strahlten doch viel Besonderheit aus, und mehr als einmal habe ich gerührt die Einfühlsamkeit des Autors bewundert, der die Gefühle eines Kindes und eines "Losers" so treffend in Worte fassen konnte. Und doch wurde nichts beschönigt - die Schwierigkeiten Jasons, seine Ungeduld und gewalttätige Impulse in den Griff zu bekommen, aber auch wie diese überhaupt entstanden sind.

Die Überraschung am Ende fand ich in dem Fall ausnahmsweise passend, weil sie doch einiges erklärt.

Ein wirklich schönes und sehr klar erzähltes Buch.