Keine netten Charaktere

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rebekka Avatar

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Eins gleich vorweg: So locker-leicht wie das Coverbild und der Klappentext suggerieren liest sich dieses Buch nicht. Es geht nicht nur um eine alte und eine junge Frau, die gemeinsam Urlaub machen und wegen ihrer unterschiedlichen Erwartungen böse Überraschungen erleben. Es geht um viel grundlegendere Probleme: Um Altersvergesslichkeit und Demenz, um Liebe in ihrer unterschiedlichsten Ausprägung, um Toleranz und um Verständnis für Menschen, die anders ticken als man selbst.

Das alles hätte eine schöne Geschichte ergeben können - wenn die Autorin ihren Leser(innen) nicht so schrecklich unsympathische oder farblose Charaktere vorgesetzt hätte. Tante Otti ist hochgradig egoistisch und nervt mit ihrem exaltierten Verhalten nicht nur ihre "Wahlnichte" Jule, sondern auch viele ihrer Leserinnen. Wer glaubt, sich alles erlauben zu können und meint, mit Geld lasse sich alles regeln, ist nun mal kein Sympathieträger. Jule ist schon in jungen Jahren total verknöchert und Weltmeisterin im "fremdschämen". Beide kennen keinerlei Zurückhaltung und mischen sich ohne jede Vernunft massiv ins Leben der anderen ein. Hildchen wiederum ist einfach nur grobschlächtig und schlecht erzogen - wie man sich in eine solche Person verlieben kann bleibt bis zum Schluß ungeklärt. Und Marc, der nette, gutaussehende, liebevolle, hilfsbereite Nachbar, der sich (warum eigentlich?) in Jule verliebt, wirkt wie ein Abziehbild: Schön, aber aus Papier gemacht.

Die Frage, wie unterschiedliche Menschen und Generationen gut zusammenleben können wurde in diesem Buch jedenfalls nicht schlüssig beantwortet.