Leben und Überleben in La Fortezza

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theresia626 Avatar

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In der Leseprobe zu „Mit zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung“ von Valentina D’Urbana erzählt Beatrice aus ihrer Kindheit, die sie in dem Viertel La Fortezza, auch genannt „die Festung“, verbracht hat. Sie erzählt, wie ihre Familie die Wohnung besetzte, in der sie leben, die Spiele, die sie mit ihrem Bruder Francesco spielte und wie sie Alfredo kennenlernte. Damals war sie acht, Alfredo sieben. Alfredos Vater ist gewalttätig und hätte ihn eines Nachts fast totgeprügelt. Seit diesem Vorfall verbringen die Kinder ihre freie Zeit zusammen und vermutlich wird Alfredo, wenn es ganz schlimm wird, in der Familie von Beatrice aufgenommen. Wenig später kommt Arianna nach La Fortezza. Sie lebt bei ihrer Großmutter, ihre Eltern sitzen im Gefängnis. Endlich hat Beatrice eine Freundin, die zwar nie mit ihr auf der Straße spielt, ihr dafür aber merkwürdige Dinge erzählt, die sie nicht versteht. Beatrice und Alfredo werden als Kinder „die Zwillinge“ genannt. Heute wird er beerdigt. Er ist nur zwanzig Jahre alt geworden. Alfredo war nach Ansicht von Beatrice kein guter Mensch, ihn hat niemand geliebt. Doch ihr Herz gehörte ihm, auch wenn sie ihn nicht ausstehen konnte. Sie muss weg aus La Fortezza. „Ich will nicht sein fehlendes Stück sein. Ich will nicht die sein, die ihn überlebt hat.“ (S. 11)
Die Leseprobe gefällt mir sehr gut. Die Geschichte wird auf mehreren Zeitebenen erzählt, ist spannend geschrieben und flüssig zu lesen. Ich möchte wissen, was in den dreizehn Jahren geschehen ist, in denen Beatrice und Alfredo Freunde waren. Die Autorin ist in einem ähnlichen Viertel wie La Fortezza aufgewachsen. Ihr Roman hat also möglicherweise autobiografische Züge und ist vermutlich ein realistisches Porträt eines Lebens in Armut und Dreck, wo viele schon verloren haben, ehe ihr Leben richtig beginnt. Ein auf jeden Fall interessanter Debütroman.