Es gibt tausend Sachen, die ich ihn hätte fragen wollen [...]

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sabatayn76 Avatar

Von

'Es gibt tausend Sachen, die ich ihn hätte fragen wollen und die ich nun nicht mehr erfahren werde.'

Inhalt und mein Eindruck:
Beatrice erzählt vom Leben in La Fortezza, von ihrer Kindheit und Jugend in ärmlichen und trostlosen Verhältnissen, von Alfredo, an dessen Grab sie zu Beginn des Romans steht, der über Jahre hinweg ihr bester Freund war, der sie nun allein zurückgelassen hat.

Mein Eindruck:
'Mit Zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung' ist ein schonungsloses und bewegendes Buch. Sprachlich ist der Roman sehr direkt und explizit, hier wird alles beim Namen genannt, nichts beschönigt oder verklärt. Mir hat dieser Schreibstil sehr gut gefallen, und er wirkt authentisch und passend, wenn man sich die Bewohner von La Fortezza vorstellt. La Fortezza entspricht nicht dem Klischee von Italien, hier gibt es keine mediterrane Lebensfreude, keine naive Sonnenscheinromantik und kein unbefangenes Glücklichsein, sondern Gewalt, Schmutz, Armut, Drogen, Hass und Verlust. Doch zwischen all der Hoffnungslosigkeit und Perspektivlosigkeit gibt es auch Liebe und Freundschaft, obgleich auch diese wenig klischeehaft und eher bitter, melancholisch und von Aggression geprägt sind.

Trotz der expliziten Sprache, der oft kurzen, plakativen Sätze und des häufig brutalen und erbarmungslosen Inhalts ist 'Mit Zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung' ein Buch, in dem ich mir immer wieder Sätze anstreichen wollte, denn die Autorin trifft mit ihren Aussagen oft ins Schwarze, schildert Gefühle und Gedanken eindrücklich und eindrucksvoll, beschreibt Situationen immer wieder so, dass man mit den Personen leidet und ihre Handlungen und Emotionen stets nachvollziehen und nachfühlen kann.

Mein Resümee:
'Mit Zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung' ist ein Roman, den man bis spät in die Nacht hinein liest, weil man sich von der Geschichte nicht lösen kann und nicht lösen will. Obwohl man von Anfang an weiß, wie und wo die Geschichte endet, übt das Buch einen unglaublichen Sog auf den Leser aus.

Ganz klare Leseempfehlung! Bisher mein Lieblingsbuch 2014.