Gibt es noch eine Zukunft? …

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herbstrose Avatar

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Alfredo ist tot, wirklich tot - heute ist die Beerdigung. Beatrice weiß mit ihren Gefühlen nichts anzufangen. Soll sie um ihren Freund trauern wenn sie nicht mal sicher ist, ob sie ihn wirklich geliebt hat? Aber eines weiß sie ganz sicher, sie will weg, weg aus diesem Haus, weg aus diesem Armenviertel, in dem sie zusammen aufgewachsen sind und wo man sie die Zwillinge nannte. Bea erinnert sich zurück an schöne und weniger schöne Stunden, an Tage und Nächte, die sie zusammen verbrachten und die nun der Vergangenheit angehören. Ob sie es schaffen wird, sich mit 20 Jahren irgendwo anders ein neues Leben aufzubauen? …

Valentina D’Urbano war gerade 26 Jahre alt, als sie sich bei einem italienischen Schreibwettbewerb bewarb, dessen erster Preis die Buchveröffentlichung war - sie gewann und der Verlag Longanesi veröffentlichte 2012 ihren Roman „Il rumore dei tuoi passi“. Valentina D‘Urbano wurde 1985 geboren, stammt aus Rom und wuchs in einem Viertel auf, das dem im Buch beschriebenen sehr ähnlich ist.
Die Autorin lässt Beatrice die Geschichte erzählen – vom heruntergekommenen Viertel La Fortezza am Rande der Stadt, vom besetzten Haus, in dem sie mit ihren Eltern und ihrem Bruder lebt und von Alfredo und seinen Brüdern, die von ihrem betrunkenen Vater ständig verprügelt werden. Sie berichtet wie es ist, an einem Ort aufzuwachsen, wo man fürs Leben gezeichnet ist und wo sich nicht mal die Polizei hin traut, wo man sich aber trotz allem zu Hause fühlt. Sie schildert ihre Gefühle zu dem Jungen, der für sie erst wie ein Bruder war, den sie liebte, später begehrte und gleichzeitig auch hasste.

Sehr beeindruckend ist die Sprache und Ausdruckskraft dieses Erstlingswerkes der jungen Autorin. In Rückblenden, manchmal auch vorausschauend, erfährt der Leser Beas Geschichte, leidet mit ihr, ist bestürzt und entsetzt darüber, wie man so leben kann. Schonungslos und brutal schildert D’Urbano das Leben in diesem Elendsviertel. Man spürt hautnah die Tiefe der Gefühle der beiden Protagonisten Beatrice und Alfredo - Hass, Missgunst und Verzweiflung wechseln in rascher Folge mit Vertrauen, Freundschaft und Liebe. Wie das Verhältnis der beiden zueinander, die von Kindheit an nur die „Zwillinge“ genannt wurden, wirklich war, klärt sich erst ganz zum Schluss, was die Geschichte meiner Meinung nach perfekt abrundet. Auf weitere Romane dieser begabten Autorin darf man gespannt sein.

Fazit: Ein beeindruckendes Buch das mitreißt und begeistert, auch wenn man die Jugendzeit schon lange hinter sich gelassen hat.