Mit zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung

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raschke64 Avatar

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Italien der 80er Jahre. Das Buch beginnt mit dem Tod. Gestorben ist Alfredo und Beatrice erzählt die Geschichte dazu. Alles spielt in einem Elendsviertel (Der Festung). Die Leute dort kommen aus dem Elend nicht heraus und niemand von außen kommt hinein. Beatrice lebt mit ihren Eltern und ihrem Bruder in einem heruntergekommenen Haus. Trotz der Tristesse hat sie eine doch irgendwie schöne Kindheit, weil in ihrer Familie viel Liebe ist und die Eltern versuchen, ein einigermaßen normales Leben zu führen. Auch wenn das Versprechen des Vaters, nächstes Jahr einen Urlaub am Meer zu machen, nie eingelöst wird. Aber Beatrice wird das Meer sehen.
Über ihr wohnt Alfredo mit seinen zwei Brüdern und seinem Alkoholiker- und Schläger-Vater. Der ist so brutal, das Alfredo als Kind in Beas Familie flüchtet und dort bald wie ein weiterer Sohn behandelt wird. Bea und Alfredo wachsen zusammen auf und sind einerseits unzertrennlich, sie werden die Zwillinge genannt, andererseits streiten sie sich ständig… eine schwierige Beziehung als Kinder und auch als Jugendliche.

Die Geschichte wird auf sehr direkte Weise erzählt. Relativ unsentimental, teilweise sehr drastisch. Man bewundert Bea für ihren Mut und ihr Durchhaltevermögen. Die Beschreibungen der Umgebung und der Verhältnisse sind nachvollziehbar, man hat dieses Elendsviertel und die Bewohner buchstäblich vor Augen. Und obwohl anfangs gar nicht so viel passiert, gewinnt die Geschichte immer mehr an Spannung. Eine Spannung zwischen den Hauptpersonen, aber auch bei den Erlebnissen. Beide Hauptpersonen sind eigentlich völlig gegensätzlich. Bea hat nicht aufgegeben, sie versucht, ihr Leben zu verbessern. Alfredo dagegen – man hat das Gefühl, er hat als Kind verständlicherweise in der schwierigen Situation „zugemacht“ und nie mehr versucht, etwas wirklich sinnvolles mit seinem Leben anzufangen. Es ist auf eine Art sehr beklemmend und trotzdem gibt es immer wieder kleine Lichtblicke und viel Optimismus. Das Buch beginnt mit dem Satz: Auch die Ärmsten der Armen brauchen eine Geschichte. Sie zu erzählen, ist Valentina D’Urbano wirklich sehr gut gelungen.