Mit zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung

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Valentina d‘Urbano beschreibt die Kindheit und das Erwachsenwerden in einem Armenviertel am Rande einer Stadt.

Im Mittelpunkt stehen Bea und Alfredo, die im selben Haus wohnen und die eine lebenslange Hassliebe verbindet. Sie tun alles, um einander weh zu tun, sie wetteifern regelrecht in dieser Beziehung, keiner will hinter dem anderen zurückstehen. Aber es kann auch keiner ohne den anderen leben und keiner kann mit ansehen, dass sich der andere außerhalb dieser schwierigen Beziehung bewegt. Sie opfern einander vieles: Beziehungen, Lebensalternativen, einen Job. Insbesondere Bea begibt sich in einen unsichtbaren Käfig, den sie um Alfredo aufgebaut hat, in dem verzweifelten Versuch, ihn zu retten.
Die Autorin beschreibt dieses Leben von der Hand in den Mund sehr eingängig. Sie skizziert dabei den Alltag und den alltäglichen Wahnsinn in intakten, weniger intakten und gar nicht intakten Familien. Man merkt deutlich, dass sie sich dabei nichts aus den Fingern saugt, sondern vor dem Hintergrund ihrer eigenen Erfahrungen erzählt. Sie beschönigt nichts, die viel herbeigesponnene Romantik in der Armut ist ihr zum Glück fremd.
Insbesondere die Leere und die Perspektivlosigkeit unter den Jugendlichen kommt deutlich rüber. Mit der Schule fertig und ohne Chance auf Ausbildung oder auch nur einen einfachen Hilfsarbeiterjob, der ihnen schon aufgrund ihrer Herkunft verwehrt wird, bleibt für viele nichts als die Flucht in die Droge und/oder die Kriminalität, um die tägliche Leere und die Sinnlosigkeit zu bekämpfen.
Doch neben dem ganzen Elend gibt es auch schöne Momente: Freundschaft, familiärer Zusammenhalt und Perspektiven außerhalb dieser Welt, die sich für Bea auftun, die aber nur ohne Alfredo Wirklichkeit werden können.

Insgesamt ist es ein wunderschönes, lesenswertes Buch, auch wenn eine große Traurigkeit über allem steht.