Trostlos in La Fortezza

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sago Avatar

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Diese Buch ist wahrlich keine leichte Sommerlektüre. Beatrice wächst in den achtziger Jahren in dem Armenviertel La Fortezza auf. Hier gibt es kaum reguläre Mietverträge. Vielmehr besetzt jede Familie irgend eine Wohnung,und die Kinder dürfen dann das Haus nicht verlassen, während die Eltern arbeiten, damit eine andere Familie sie nicht vertreibt. Dennoch schaffen es Beatrices Eltern, so etwas wie Geborgenheit zu vermitteln. Ganz anders als der alleinerziehende Vater in der Wohnung über ihnen, ein Alkoholiker, der seine drei Söhne regelmäßig schlägt, vor allem den mittleren, Alfredo. Beatrices Eltern kümmern sich aus Mitleid um die Jungen, und Beatrice und Alfredo kommen sich so nahe, dass sie von allen bald nur noch die Zwillinge genannt werden. Dennoch ist es fast so etwas wie eine Haßliebe und auch keine wirkliche geschwisterliche Beziehung, sondern vielmehr eine,die von unterschwelliger sexueller Begierde geprägt ist, obwohl beide während des Heranwachsens zunächst andere Partner haben. Alfredos älterer Bruder wehrt sich schließlich gegen die Gewalt seines Vaters, in dem er ihn umbringt und wird zu zwanzig Jahren Gefängnis verurteilt. Der jüngste Sohn kommt in ein Heim. Alfredo, arbeits- und orientierungslos, gerät endgültig auf die schiefe Bahn und beginnt, Heroin zu spitzen. Beatrice unternimmt mehrfach den Versuch, ihn zu retten, gibt sogar ihren Job auf, obwohl sie ihn zugleich auch als Mühlstein um ihren Hals empfindet. Alfredo erliegt schließlich, kaum zwanzigjährig, einer Überdosis. Erst nach seinem Tod erfährt der Leser, dass Beatrice und Alfredo zuletzt doch noch ein körperliches Verhältnis hatten, denn sie ist von ihm schwanger. Dennoch bliclken sie und ihr Kind in eine hoffnungsvollere Zukunft.
Der Stil wirkt sehr authentisch, dialoglastig, manchmal fast schnodderig. Zwar wird es nie langweilig, dennoch fühlt sich durch die schiere Tristesse von La Fortezza auch der Leser zuweilen wie unter einem Mühlstein gefangen.