Große Enttäuschung

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throughmistymarches Avatar

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Nach einem Drittel hab ich die Seiten nur noch schnell überflogen, so uninteressant und oberflächlich fand ich die Handlung. Ich bin mir nun nicht sicher, ob es daran liegt, dass ich mir etwas komplett anderes von dem Buch erwartet habe oder ob es einfach nur schlecht ist. Hedda, Anfang 30, ungewollt schwanger nach einem One-Night-Stand, möchte eine Abtreibung. Das norwegische Gesundheitssystem sieht eine mehrtägige Bedenkzeit vor, die nun vor ihr liegt und ihr laut Klappentext zusetzt. Meine Erwartung waren Heddas Abwägungen pro/contra Kind, eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Abtreibung, es wird auch von klarer feministischer Agenda gesprochen. Dem war nicht so. Die Schwangerschaft und die eventuelle Abtreibung werden kaum thematisiert. Stattdessen konnte ich die Ich-Erzählerin von Seite zu Seite weniger leiden. Sie möchte frei, individuell und selbstbestimmt sein, ist jedoch leider nur eine Aneinanderreihung kontemporärer (Hipster?) Stereotypen. Ein Klischee jagt das nächste, bis hin zu regelmäßigen Game of Thrones Referenzen (die ich nicht verstanden habe, da ich nie auch nur eine Folge gesehen habe). Obwohl Hedda 33 Jahre alt ist, studiert hat und als freiberufliche Journalistin tätig ist, verhält sie sich eher wie ein pampiger Teenager, zeigt null Verantwortungsgefühl und noch weniger selbstreflektiertes Verhalten. Call me spießig, aber (ziemlich nüchtern) ungeschützten Sex mit der völlig abgefuckten Tinder-Bekanntschaft zu haben – nope. Hinzu kommt eine Flut an Nennungen von politischen, popkulturellen und sozialen Themen des Jahres 2016 (da spielt die Geschichte), jeweils im Stile von Headlines, random eingeworfen und nicht weiter diskutiert. Ich weiß nicht, wie ich das Buch als „feministisch“ betrachten soll, wenn alles, was Hedda tut, irgendwie durch entweder Lukas (ihrem Ex, dem sie nachtrauert), Milo (dem One-Night-Stand, mit dem sie anschließend monatelang im Camper durch Norwegen fährt) oder ihren seltsamen Vermieter beeinflusst wird. Da sie sich in der Bedenkzeit keine Gedanken über ihre Schwangerschaft macht, geht sie schließlich im 2. Trimester online auf die Suche und probiert dann auch einige der Sachen aus, die sie dort findet. Das ist teilweise recht grafisch beschrieben, wen das triggert, sollte sich dem Buch eher mit Vorsicht nähern. Grundsätzlich aber sowieso keine Leseempfehlung meinerseits.