Schwarze Komödie

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
pedi Avatar

Von

Eine "schwarze Komödie" zum Thema Abtreibung? "Humorvoll", "Ein großartiger Unterhaltungsroman"? Alles Zuschreibungen aus der Presse zu Lotta Elstads Roman "Mittwoch also". Die mich zumindest stutzig machen. Und ja, die Ton, den die Autorin, Jahrgang 1982, anschlägt ist ein lockerer, frischer, frecher. Nach den vielen düster-melancholischen Texten, die ich in den letzten Wochen aus Norwegen gelesen habe, die Eisflächen, der Schnee, das raue Wetter, war das ganz angenehm. Ein großstädtisches Oslo ist der Schauplatz, eine junge freie Autorin, der Klappentext nennt sie "jung, ledig, selbstbestimmt", die Protagonistin. Diese, Hedda, steht vor den Scherben ihrer Beziehung zu Lukas, dem intellektuellen Geist, den sie einst für eine Zeitung interviewt hat. Für ihn eine Beziehung ohne Bindung, für Hedda die große Liebe. Aber auch sie ist nicht in der Lage, das zuzugeben, verbirgt ihre Gefühle hinter Coolness, behauptet ihren Willen zu Selbstbestimmtheit, Unabhängigkeit. Und leidet. Der Ablenkungstrip nach Griechenland geht gehörig schief. Die Machine nach Athen muss wegen eines medizinischen Notfalls in Sarajevo notlanden, Hedda flieht vor der Flugangst (und ohne Gepäck), fährt über mehrere Stationen nach Hause. Eine davon ist Berlin. Hier trifft sie Milo, einen ziemlich verpeilten, dabei aber ziemlich lebenstüchtigen Typ, mit dem sie eine Nacht verbringt. In Oslo erwarten sie drei Überraschungen: Milo ist ihr nachgereist, ihr Job als freie Mitarbeiterin ist futsch und sie ist schwanger. Keine Frage, sie wird abtreiben. Aber eine neue Regel fordert drei Bedenktage, bevor eine solche genehmigt wird. Aber Hedda ist entschlossen: "Ich will nicht nachdenken!" (So auch der norwegische Originaltitel, "Jeg nekter å tenke"). Sie trifft allerhand fragwürdige Entscheidungen und trauert vor allem Lukas hinterher.

Das alles ist turbulent erzählt, hin und wieder habe ich mich über die Sprache (Übersetzung?) gewundert, die mir ein wenig zu gewollt jugendlich erscheint (Hedda ist schließlich auch schon 33). Der schräge Milo und einige der erzählten Situationen sind tatsächlich ziemlich witzig. Und doch finde ich nicht, dass es sich hier um einen "humorvollen" "Unterhaltungsroman" handelt. Ich finde die Geschichte sehr traurig. Hedda, die sich so sehr nach einem Halt sehnt, das aber noch nicht einmal sich selbst gegenüber zugeben kann. Die mit niemandem über ihre Schwangerschaft reden kann (bzw. zu können meint). Die mit sich und ihrem Körper so unachtsam umgeht (und das alles im Namen der Selbstbestimmung). Die finanziell kaum über die Runden kommt - Schicksal der nicht abgesicherten "Freelancerin", die sie in ihrem Drang nach Unabhängigkeit sein wollte. Das Ende ist positiv und hoffnungsvoll, wenn man so will. Ich fand es deprimierend, denn für Hedda hat sich kaum etwas geändert.

Die "Aftenposten" vermerkt eine "klare feministische Agenda". Ich wiederum war mir gar nicht so klar, was dieser Roman, den ich übrigens wirklich gut und lesenswert finde, mir sagen will. "Eine toughe, unabhängige Protagonistin mit bissigem Humor, der unsere Sympathien jederzeit sicher sind", wie der Verlag schreibt, vermag ich in ihr nicht zu sehen. Eher eine einsame, orientierungslose Frau ohne Halt, Opfer des Diktums von Unabhängigkeit und Eigenständigkeit. Vielleicht eine Generationenfrage.