Skurril und überraschend

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heike lohr Avatar

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Vom Cover bis zum Inhalt--- es gibt immer Überraschungen. Ich lese einen Krimi, in dem es nicht um Scharfsinn, sondern um Naivität und falsche Einschätzung geht.
Das Orange des Cover vermittelt einen lebenfrohen Eindruck, der Rahmen und der Stuhl verweisen auf das Antiquitätengeschäft, in dem Siggi arbeitet und oberhalb lebt, fern von der Stadt mehr auf dem Land.
Er hat einen Freund Kurt, mit dem er angelt geht und der ihm immer schlechte Investitionstipps gibt. Doch sie verstehen sich gut.
Anton ist ein anderer Freund von Siggi, der ein Fachmann für Kunstgegenstände ist. Er will ihm eine Figur mit Frosch abkaufen.
Als Siggi unvermutet bei Regen nach Hause und gleichzeitig in sein Geschäft kommt, sieht er Einbruchsspuren. Mutig schleicht er sich ins Haus, fühlt sich beobachtet und findet einen noch warmen Leichnam. Gleichzeitig hat er eine Tapisserie mehr, die an der Wand hängt.
Dann schneit noch Doro in sein Leben, die er als Reinigungskraft einstellt. Sie tippt dauernd etwas in ihr Handy undschreibt einer/einem Isä.
Gunnar, der Polizist, der als er kommt, keine Leiche mehr findet, zerstört auf seinem Rundgang mehr Kunstwerke und droht Siggi mit einer Anzeige wegen Irreführung der Behörden. All diese mir fremde Charaktere und beängstigende Erlebnissen sind gut aneinandergereiht, geben ein bestimmtes Tempo vor und machen die Rastlosigkeit des Protagonisten verständlich.
Nach der fruchtlosen Überzeugungsarbeit, dass er wirklich eine Leiche gefunden hat, beschließt Siggi selbstständig auf Recherche zu gehen, um Leiche, Mörder und Dieb zu finden, eigentlich den mutmaßlichen Dieb. Ihm fehlt ja offensichtlich nichts. Geld und die Wertsachen sind noch immer im Geschäft.
Dann folgen glaubwürdige, aber völlig skurrile und außerhalb der normalen Erfahrungswelt stehenden Erlebnisse: Anton hilft ihm bei der Auktion, die den Dieb und Mörder entlarven soll, wobei er immer unter Zahnschmerzen leidet. Sie lernen immer mehr die Geschichte der zerteilten Tapisserie, der Besitzerfamilie undi hrer Villa kennen. Ein Foto ist mit drei Männern, die den Wandteppich gesthlen haben, ist hilfreich. Doch keiner erkennt den dritten Mann, der irgendwie immer präsent ist und den sie nie sehen. Oder erkennen sie ihn nur nie?
Ein Fettnäpfchen jagt das nächste, eine falsche Vermutung die andere.
Das hat mich immer wieder zum Weiterlesen gebracht. Ich musste ab des schrägen bayrischen Humors schmunzeln, Lachen ging nicht wirklich.
Der Erzählstil ist sehr überzeugend, aus der Sicht des Protagonisten, der seine Einstellung zu Menschen und Situationen dauernd ändert, weil er sich nicht mehr auskennt. Dieser Antiheld schwankt zwischen Mut und Angst, Vertrauen und MIsstrauen.
Doch all seine Vermutungen locken ihn stets in die Irre. Das Ende ist überraschend, wahrscheinlich würden eifrige Krimileser sagen, dass es ganz logisch und einfach ist. Ich finde es etwas verwirrend und trotzdem logisch im Nachhinein betrachtet.
Ene satirische, unterhaltsame und spannende Lektüre, die sehr viel in die menschlichen Abgründe blicken lässt, doch der letzte Abgrund ist sehr tief. Ich finde, es war ein sehr angenehmes, nachdenkliches Leseerlebnis, das mich nicht eine Minute enttäuscht hat.