Zu viel Comedy-Drama ohne Tiefgang

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gela_hk Avatar

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"Ich brauche eine Auszeit". Mit diesem Satz wird Ruth von ihrem Mann verlassen. Damit hätte sie noch klarkommen können, nicht aber mit dem Foto, das sie kurze Zeit später zufällig an einem Filmautomaten findet. Unterstützung erhofft sie sich von ihrer Schwester, die aber eigentlich seit Jahren nicht mehr mit ihr spricht. Sie fährt trotzdem spontan nach Hamburg und ahnt nicht, welche Steine dadurch ins Rollen geraten.

Ildikó von Kürthy steht für Frauenthemen und Power, gute Unterhaltung und leicht umschriebene, aber wichtige Themen, die Frauen in allen Lebensabschnitten interessieren. Auch in diesem Roman ist es nicht anders. Was, wenn eine Ehe nicht mehr rund läuft und man es gar nicht mitbekommt. Wenn einem das Leben davongelaufen ist und man zu spät merkt, was man alles verpasst hat. Für Ruth scheint ihr Geburtstag und der gleichzeitige Hochzeitstag ein Wendepunkt im Leben zu werden.
Die Angst, sich gar nicht mehr selbst zu kennen, sondern nur noch zu funktionieren, ist deutlich spürbar. Ruths Verzweiflung ist glaubhaft und ob man es nun selbst oder bei einer guten Freundin erlebt hat, diese Situation wird sicherlich einigen Lesenden bekannt vorkommen. Der Einstieg ins Buch dadurch gelungen und nachvollziehbar. Dann überholt sich die Handlung aber fast selbst.

Es passiert viel - sehr viel - in diesem Roman. Die Akteure steuern von einer Notsituation in die nächste. Erleben unglaubliche Dinge in sehr kurzer Zeit und genau deswegen habe ich mich beim Lesen nicht mehr abgeholt gefühlt. Diese Protagonisten waren alle überzuckert und agierten fern der Realität. Teilweise hat mich die Handlung an eine Comedy erinnert.

Der ehepausierende Ehemann ist im gleichen Wellnesstempel abgestiegen wie der Bekannte von Ruths Schwester. Das Drama ist vorprogrammiert. Gegenpol ist die Hamburger Villa, in der die Harmonie zwischen den unterschiedlichsten Bewohnern kaum zu überbieten ist. Selbst Ruth, die ja eigentlich ein ungebetener Gast und langjährig ignorierte Schwester ist, wird herzlich aufgenommen. Die Verwirrung ist perfekt, als Fatma auftaucht und von ihrem Geliebten schwärmt.

Viele Themen, die leider schon so oft in Büchern und Filmen herhalten mussten, werden hier bemüht. Der dicke komische Kauz, der abnehmen will, aber nur, wenn er weiter so viel essen kann, wie er will. Die eigenwillige, männerlose Powerfrau, die ganz tief im Innern doch geliebt werden möchte, die bevormundete Ehefrau, die sich nun endlich befreien muss, und die blauäugige Geliebte, die zu spät merkt, dass sie nur ein Spielzeug ist.

Die Story ist kurzweilig und für eine Lektüre am Strand geht sie durch. Aber den tollen Erzählstil wie in "Mondscheintarif" findet man hier nicht. Eine Lieblingsstelle am Ende habe ich aber doch gefunden. Eine leise Abschiedsszene von einem guten Freund, der seine letzte Reise antritt. Nur konnte diese Szene den Rest des Romans nicht retten.

Ungewöhnlich sind kleine bunte Skizzen von Peter Pichler, die die Handlung unterstreichen. Für mich in einem Roman neu und auflockernd, aber nicht unbedingt notwendig.
Wer eine leichte Urlaubslektüre sucht, wird sie hier finden.