Thank You, But Your Princess is in Another Castle!

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„‚Was ist ein Spiel?‘, fragte Marx. ‚Es ist morgen, morgen und wieder morgen. Die Möglichkeit einer unendlichen Wiedergeburt und unendlichen Erlösung. Die Vorstellung, dass du, solange du weiterspielst, gewinnen kannst. Kein Verlust ist von Dauer, niemals.‘“

Als ich gerade einmal fünf Jahre alt war, bekam ich an Weihnachten meine erste Spielekonsole – ein NES [Nintendo Entertainment System]. Seither sind Videospiele aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken. Ich erinnere mich noch genau an die Entwicklung meines Kindheitshelden Super Mario, der in echter 2D-Pixelkunst anfänglich nur nach rechts laufen, später aber im blockigen 3D-Design alle Richtungen seiner Spielwelt erkunden konnte. Damals, inmitten der 90er Jahre, zu dieser Zeit der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten, als sich Spiele vom jugendlichen Zeitvertreib zur ernsthaften Digitalkunst entwickelt haben, beginnt Gabrielle Zevin ihre Erzählung in „Morgen, morgen und wieder morgen“:

Sam Masur und Sadie Green lernen sich als Kinder in einem Krankenhaus in Los Angeles kennen. Im Spielzimmer der Station versucht er, der schwer am Fuß verletzt ist, sich abzulenken, während sie, die nur zu Besuch ist, versucht die Zeit rumzukriegen. Beim Super-Mario-Spiel schließen die beiden Freundschaft und können noch nicht ahnen, dass sie nur wenige Jahre später gemeinsam ein erfolgreiches Independent-Videospiel herausbringen werden. Jahre, in denen wir als Lesende das Duo begleiten und sehen, wie sich ihre Leben um Arbeit, Liebe, Games und persönliche Kämpfe miteinander verweben. Sadie ist zielstrebig, künstlerisch und kompromisslos in ihrer Vision. Sam ist ein hervorragender Designer mit einem Flair für die öffentliche Bühne, obgleich er privat mit seinen physischen und psychischen Dämonen zu kämpfen hat. Während sie sich also theoretisch perfekt ergänzen, kommt es praktisch immer wieder zum Streit. Als ihr Freund und Produzent Marx Watanabe versucht die beiden zu versöhnen und die gemeinsame Firma zu retten, kommt es zur Eskalation…

Zwischen Höhen und Tiefen bewegt sich diese einzigartige Freundschaft, die Lesende über viele Jahrzehnte verfolgen und sich gemeinsam mit Sadie, Sam und Marx streiten und versöhnen, lachen und weinen. „Morgen, morgen und wieder morgen“ erschafft ein eigenes Universum mit Menschen, die umeinander kreisen wie Planeten, und dabei zwischen Anziehung und Abstoßung leben. Pixel für Pixel setzt Gabrielle Zevin ihre Geschichte zusammen, erbaut neue Welten mit ihnen, erschafft ihren Protagonist*innen unendlich viele Möglichkeiten und lässt dabei doch nie ihre Menschlichkeit verlorengehen. Empathisch, warmherzig, aber niemals kitschig, erzählt sie von Freundschaft und Liebe, von Kreativität und Schaffen, von Verlust und Gewinn sowie vom Leben und der Popkultur. Diese Mischung lässt die Geschichte unvergesslich werden und macht das Buch zu einem einzigartig-unvergleichlichen Erlebnis! Ich habe es gelesen, geliebt und empfehle es nun allen von Herzen – auch Nicht-Gamer*innen!

„Morgen, morgen und wieder morgen“ ist ein Roman über die Liebe – und ohne Liebesgeschichte. Frei nach Super Mario: „Thank You, But Your Princess is in Another Castle!“

Ein Lesehighlight nicht zuletzt aufgrund der stimmungsvollen Übersetzung von Sonia Bonné!