Die perforierte Zeit

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„Die perforierte Zeit“ ist eine Redewendung, die in dem Buch Morgenland von Stephan Abarnell einige Male bemüht wird. Sie passt gut zu der im Buch beschriebenen Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, in der nichts einen Ort hat, Dinge, Häuser und Menschen unwiederbringlich kaputt gegangen (im wahrsten Sinn des Wortes) oder verschwunden sind. Aber sie passt leider auch zu Stil und Inhalt des Romans, denn hier so einiges perforiert.
Was hätte der Autor aus diesem großen Thema schöpfen können!
Wir begleiten eine junge Frau - Lilya Wasserfall -, die dafür brennt einen freien Staat Palästina aufzubauen, die aber zu ihrem Bedauern nach Deutschland geschickt wird, um einen verschwundenen Wissenschaftler zu finden.
Es folgt eine Art Schnitzeljagd durch London, Föhrenwald in Bayern, Offenbach, Berlin, Nürnberg und Bergen-Belsen. Auf jeder Station gibt es neue Hinweise, die die Protagonistin weiter führen, bis sich am Ende der Geschichte alles zusammen fügt.
Um diese Zusammenfügung als Leserin genießen zu können, hätte mich der Autor zuvor mehr in die Gefühlswelten der Menschen ziehen müssen - insgesamt spielt hier auch zuviel Personage. Alle Figuren erscheinen seltsam unbeteiligt. Auch wird noch eine Liebesgeschichte heran geholt, die sich zu wenig über den Lauf der Geschichte aufbaut.
Die Oberflächlichkeit der Figuren und der Geschichte wird noch dadurch getoppt, dass Lilya in Berlin mal eben so vergewaltigt wird, was nach dem Geschehen überhaupt nicht mehr aufgenommen wird.
Hätte ich nicht die Aufgabe gehabt, eine Rezension zu schreiben, wäre ich unter normalen Umständen spätestens hier aus dem Buch ausgestiegen.
Schade!