Morgenland

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Eine junge Frau aus dem Palästina des Jahres 1946 wird gebeten, nach Deutschland zu reisen. Offiziell soll sie einen Bericht über die Lage der sog. displaced Persons in den Lagern schreiben, inoffiziell nach einem jüdischen Wissenschaftler suchen, der in den Kriegswirren verschwunden ist. Das Buch beschreibt die Nachkriegszeit einmal aus einem komplett anderen Blickwinkel, sozusagen von außen, aus der Sicht der Engländer, Amerikaner und der (späteren) Israelis. Der Autor hat hierfür offensichtlich gut recherchiert, denn gerade die Situation in den Lagern, in denen sich die Opfer des Nationalsozialismus nach der Befreiung noch aufhalten mussten, bis ihnen die Ausreise ins Ausland oder eine Weiterreise nach Hause ermöglicht wurde, scheint ihm gut bekannt zu sein. Seine Beschreibungen –auch die der zerstörten Städte – sind sehr eingehend, man kann sich ein Bild hiervon machen. Dabei schafft er es auch, den Schrecken des Krieges zu beschreiben, ohne irgendwelche billigen Splatter-Szenen einzubauen. Die Story ist durchdacht und spannend dargestellt, der große Knaller am Ende bleibt allerdings aus. Man fragt sich bis zum Schluss, wer denn nun gut und wer böse ist, aber alles ist dann doch so, wie es scheint, selbst die angedeuteten Verwandtschaftsverhältnisse, die ich dann doch ein bisschen zu konstruiert finde. So viel Zufall ist nicht so ganz glaubwürdig. Die Balkonszene hätte man sich auch sparen können, sie passt einfach nicht in die Geschichte und wirkt irgendwie künstlich reingequetscht. Wenn sie denn nun unbedingt sein muss, hätte man sie wirklich besser machen können. Der Autor sollte bei dem bleiben, was er kann, Liebesszenen gehören offensichtlich nicht dazu. Alles in allem dennoch ein lesenswertes Buch, sehr flüssig geschrieben und gut recherchiert.