Schnitzeljagd durch ein kriegszerstörtes Deutschland

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Über die Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg finden sich deutlich weniger Bücher, als welche die sich mit der Kriegszeit direkt beschäftigen. Die Situation in Deutschland im Jahr 1946 und die Verhältnisse kurz vor Entstehung des Staates Isreal werden in dem Roman "Morgenland" von Stephan Arbarbanell hingegen intensiv beleuchtet.

Das Morgenland, wie der Nahe Osten mit Palästina auch hier bezeichnet wird, ist die Heimat der Jüdin Lilya Wasserfall. Sie stammt aus einer Familie deutscher Einwanderer. Hier in Palästina engagiert sie sich in der Widerstandsbewegung gegen die britische Besatzung und für Palästinas Unabhängigkeit. Sie wird in diesem Zuge völlig unerwartet mit einem Auftrag bedacht, der sie in das kriegszerstörte Deutschland führt. Hier soll sie den verschollenen Wissenschaftler Raphael Lind ausfindig machen. Es verdichten sich die Hinweise, dass er nicht wie von den Briten angegeben 1941 in einem Konzentrationslager verstorben ist, sondern dass er irgendwo in Deutschland sehr wohl noch am Leben ist.

Lilyas Reise führt sie über London schliesslich nach Deutschland an die Orte Föhrenwald, Offenbach, Berlin, Nürnberg und Bergen-Belsen. Ihre Suche gestaltet sich jedoch deutlich schwieriger, als erwartet, da verfolgt und bedroht wird. Das Interesse an dem Wissenschaftler Lind scheint von vielerlei Seiten zu bestehen.

"Morgenland" ist mit über 460 Seiten kein schmales Buch und ich muss gestehen, dass ich mich diverse Längen im Buch gestört haben. Der bestens recherchierte geschichtliche Hintergrund und die spannend zusammengestellte Verfolgungsjagd machen echtes Lesevergnügen aus, jedoch wären hier und da Kürzungen durchaus angebracht gewesen. Die Hauptperson Lilya empfand ich durchweg als zu ehrgeizig, zu mutig und zu emotional gefestigt - ich kann schwerlich glauben, dass eine junge Frau Mitte der Vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts nach einer solchen traumatischen Zeit des Zweiten Weltkrieges so auftritt. Ich bin leider bis zuletzt mit Lilya auf ihrere Schnitzeljagd nicht recht warm geworden.