Spurensuche

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buecherfan.wit Avatar

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Stephan Abardanells Debütroman “Morgenland “ spielt im Jahr 1946. Lilya Tova Wasserfall, Kind deutsch-jüdischer Eltern, in Palästina geboren, arbeitet eigentlich im Widerstand gegen die britische Mandatsmacht in Palästina und wartet auf ihren Einsatz bei einer Sabotageaktion. Ihr Vorgesetzter Shimon Ben Gedi schickt sie jedoch von Tel Aviv nach Jerusalem, wo sie den mit Gedi befreundeten Schriftsteller Elias Lind treffen soll. Elias Lind braucht Hilfe bei der Suche nach seinem verschollenen Bruder, dem berühmten Wissenschaftler Raphael Lind. Die Brüder haben sich 16 Jahre nicht gesehen. Von den Briten wurde Elias Lind 1946 darüber informiert, dass sein Raphael schon im Oktober 1941 ums Leben gekommen ist. Elias Lind verfügt jedoch über Indizien, dass sein Bruder zumindest im Juli 1944 noch gelebt hat. Lilya übernimmt den Auftrag eher widerwillig und reist zunächst nach London. Offiziell arbeitet sie für JOINT, eine der zahlreichen Hilfsorganisationen und soll einen Bericht über die Situation im Auffanglager Föhrenwald schreiben. Von Anfang an wird sie beobachtet, sogar verfolgt und Geheimdienstleute verlangen Auskunft über die Ergebnisse ihrer Recherchen.

Ihre Reise führt sie von London nach München, danach in das Flüchlingslager Föhrenwald, nach Offenbach in das Raubgutdepot, nach Berlin und schließlich nach Lüneburg. Sie gerät in gefährliche Situationen, lernt aber auch viele interessante Menschen kennen, Personen, die Raphael Lind und seine Geschichte kannten, Mitarbeiter der Hilfsorganisationen und Angehörige des Militärs. Sie findet eine Freundin und vielleicht eine neue Liebe. Was sie hört und sieht, verändert ihren Blick auf die Welt und lässt sie Fragen über ihren zukünftigen Weg nach der Rückkehr nach Palästina stellen.

Das Buch ist ein Porträt der Nachkriegszeit in Palästina unter der britischen Mandatsmacht, liefert ein Bild des zerbombten Deutschland, wo Mangel an allem herrscht, vor allem an Lebensmitteln, zeigt die Situation in den überfüllten Flüchtlingslagern, wo die Überlebenden des Holocaust lange auf eine Ausreisegenehmigung warten müssen. Das alles wirkt authentisch und gut recherchiert. Der Autor hat ein biographischen Interesse an dem Stoff. Er selbst entstammt einer sephardisch-jüdischen Familie, die frühzeitig christianisiert und assimiliert wurde. Ihm ist ein sehr lesenswerter Roman gelungen, der zum Ende hin immer stärker berührt, auch wenn sich hier die unwahrscheinlichen Zufälle ein wenig häufen.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen.