Spiel mit den Erwartungen

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lesemöwe Avatar

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"Charles Bramwell Brockley reiste allein und ohne Fahrkarte in dem Zug um 14.42 Uhr von London Bridge nach Brighton. Die Keksdose von Huntley & Palmers, in der er reiste, schwankte bedenklich auf dem Rand des Sitzes, als der Zug in Haywards Heath ruckelnd anhielt."

- Das sind die beiden ersten Sätze des Romans "Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge" und sie offenbaren schon viel von dem, was den Roman ausmacht.

Der erste Satz soweit liest sich noch völlig normal. Das Normale wird erst in Frage gestellt, wenn man den zweiten Satz sieht, denn der Bezug des Pronomens "er" zu "Charles" will sich einem so gar nicht erschließen, wenn man dann erfährt, dass "er" in einer Keksdose reist.

Damit wird, so glaube ich, ein Merkmal dieses Romans deutlich: Er bricht mit Konventionellen, dem zu Erwartenden, dem Konventionellen, spielt mit den Erwartungen des Lesers, birgt das Ungewöhnliche, Überraschende und verfügt auch über eine beträchtliche Menge Humor.

Unkonventionell, überraschend- das sind auch die Figuren.
Mr. Peardews, der in seiner soliden viktorianischen Backsteinvilla lebt. Sobald man diese Villa 'betritt', merkt man aber das auch hier wieder die Erwartungen gesprengt werden, denn sie ist frei vom "Tinnitus der Technologie" (Seite 9), enthält dafür aber "Regale und Schubladen, Regale und Schubladen, Regale und Schubladen. Drei Wände waren vollständig bedeckt, jedes Regal war beladen, jedes Schubfach gefüllt mit einem
traurigen Sammelsurium, in vierzig Jahren gesammelt, beschriftet und beheimatet." (Seite 10). Hier findet auch die eingangs erwähnte Keksdose ihren Platz.

Dann ist da noch Laura, seine persönliche Assistentin. Auch sie nicht so, wie es auf den ersten Blick scheint:" mit einer nicht abgeschlossenen Ausbildung, und fehlender Berufserfahrung" (Seite 17), aber eigentlich "hatte sie alle möglichen Pläne gehabt. Sie war intelligent und hatte ein Stipendium für eine Mädchenschule am Ort bekommen, anschließend einen Platz
an der Universität. Sie hätte sich ihr Leben selbst einrichten
können – hätte es tun sollen." (Seite 19).

Diese beiden wird eine Geschichte verbinden, von der man in der Leseprobe noch nichts Genaueres erfährt. Man kann aber erahnen, dass sie mit der Sammlung von M. Peardews zusammenhängen wird.

Und man weiß nach dem Lesen dieser Leseprobe:
Man möchte unbedingt die beiden unbedingt ein Stück weiter begleiten und erfahren, was es mit ihrer skurrilen Geschichte auf sich hat.