Tangotanzende Füße treffen auf ein kinoliebendes Fischerdorf
Auf einer Tanzfläche in Buenos Aires gezeugt, muss die 9-jährige Lita mit ihrer Mutter und ihren wenigen Habseligkeiten schlagartig aus Argentinien fliehen. Sie wird während der Schreckensjahre des NS-Regimes auf der abgelegenen Upper Puffin Island vor dem kanadischen Festland erwachsen. Während der Krieg ganze Europa in Atem hält, gelingt es der Autorin diesen dennoch auf einen winzigen Nebenschauplatz zu verweisen. Windgepeitscht liegt Upper Puffin vor Nova Scotia und wartet auf die Rückkehr der treuen Papageientaucher und durchgefrorene Fischer, die im Seemannsheim „Bethlehem“ zur Durchreise einkehren, um nicht in den Wellen des tückischen Meeres zu ertrinken.
„Der Seewetterbericht war ein Choral, und alle kannten jede Strophe und jede Träne.“ (S. 258)
„Mr. Saitos reisendes Kino“ hat für mein ungeduldiges Leserherz zwischendurch ein paar Längen, die zwar ein runderes Bild der zahlreichen Charaktere zeichnen, mir am Ende jedoch das Gefühl vermittelten, als wäre auch ich mit Lita und ihrer gehörlosen Freundin Oona ein wenig gealtert. Wir begleiten die Mädchen auf Schritt und Tritt bei ihren Erkundungen auf der Insel und im Grunde wünscht man sich als Großstadtpflanze genau solch eine Kindheit für den eigenen Nachwuchs. Die Dorfgemeinschaft zankt sich, feiert zusammen und geht durch alle Höhen und Tiefen, die das Leben zu bieten hat.
Der eigentliche Star des über 500 Seiten dicken Romans ist jedoch Mr. Saito mit seinem reisenden Wanderkino. Nie zuvor habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie die Anfänge der cineastischen Erfindungen in den entlegensten Ecken der Erde neue Fans für sich gewinnen konnten. Reisen waren beschwerlich und teuer zu bezahlen, daher war es eigentlich logisch, dass die Leinwand mit den bewegten Bildern zu den Menschen kommen musste. Annette Bjergfeldt hat eine großartige Recherchearbeit geleistet, denn ich staunte mit den Mädchen in Zimmer 24 um die Wette, als Filmrollen geschnitten, neu zusammengesetzt und mit den aberwitzigsten Tönen von Oonas Magnetophon untermalt wurden.
Die Rolle von Fabiola als tanzende Fuchsmutter mit ungezügeltem argentinischem Temperament und einer ausgiebigen Passion für Schuhe jeglicher Art finde ich dagegen teilweise sehr unbefriedigend. Ihre Tochter lechzt nach ihrer Aufmerksamkeit und schwärmt in den höchsten Tönen von ihr.
„Meine Mutter ist die beste Tangotänzerin der Welt“, erklärte ich. „Wenn sie tanzt, malt sie die Noten mit ihren Füßen in den Boden.“ (S. 122)
Im nächsten Moment wird sie dann doch wieder bitter enttäuscht. Man ist immer die Summe der Umstände, die man im eigenen Leben begreifen und verarbeiten musste das trifft sicherlich auch auf Fabiola zu, die als Findelkind in einem Kloster aufwuchs. Lediglich in einer Szene spürte ich die innige Verbundenheit von Mutter und Tochter, die mit dem folgenden Zitat wunderschön in Worte gefasst wird „[..] und schließlich ergab ich mich dem Schicksal und kroch unter die zusätzliche Decke, als Fabiola Duérmete mi niña summte. [..] Und die Töne fielen wie Regentröpfchen auf meine Augenlider, bis ich einschlief.“ (S. 91)
Die eigene Familie kann man sich nicht aussuchen, aber man kann Freunde, Wegbegleiter und ein ganzes Dorf so liebgewinnen, dass sie fehlende Blutsverwandte tausendfach in Gold aufwiegen. Diese Quintessenz bleibt nach der Lektüre hängen – ebenso wie die Erkenntnis, dass Schuhe zum Tanzen da sind.
„Der Seewetterbericht war ein Choral, und alle kannten jede Strophe und jede Träne.“ (S. 258)
„Mr. Saitos reisendes Kino“ hat für mein ungeduldiges Leserherz zwischendurch ein paar Längen, die zwar ein runderes Bild der zahlreichen Charaktere zeichnen, mir am Ende jedoch das Gefühl vermittelten, als wäre auch ich mit Lita und ihrer gehörlosen Freundin Oona ein wenig gealtert. Wir begleiten die Mädchen auf Schritt und Tritt bei ihren Erkundungen auf der Insel und im Grunde wünscht man sich als Großstadtpflanze genau solch eine Kindheit für den eigenen Nachwuchs. Die Dorfgemeinschaft zankt sich, feiert zusammen und geht durch alle Höhen und Tiefen, die das Leben zu bieten hat.
Der eigentliche Star des über 500 Seiten dicken Romans ist jedoch Mr. Saito mit seinem reisenden Wanderkino. Nie zuvor habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie die Anfänge der cineastischen Erfindungen in den entlegensten Ecken der Erde neue Fans für sich gewinnen konnten. Reisen waren beschwerlich und teuer zu bezahlen, daher war es eigentlich logisch, dass die Leinwand mit den bewegten Bildern zu den Menschen kommen musste. Annette Bjergfeldt hat eine großartige Recherchearbeit geleistet, denn ich staunte mit den Mädchen in Zimmer 24 um die Wette, als Filmrollen geschnitten, neu zusammengesetzt und mit den aberwitzigsten Tönen von Oonas Magnetophon untermalt wurden.
Die Rolle von Fabiola als tanzende Fuchsmutter mit ungezügeltem argentinischem Temperament und einer ausgiebigen Passion für Schuhe jeglicher Art finde ich dagegen teilweise sehr unbefriedigend. Ihre Tochter lechzt nach ihrer Aufmerksamkeit und schwärmt in den höchsten Tönen von ihr.
„Meine Mutter ist die beste Tangotänzerin der Welt“, erklärte ich. „Wenn sie tanzt, malt sie die Noten mit ihren Füßen in den Boden.“ (S. 122)
Im nächsten Moment wird sie dann doch wieder bitter enttäuscht. Man ist immer die Summe der Umstände, die man im eigenen Leben begreifen und verarbeiten musste das trifft sicherlich auch auf Fabiola zu, die als Findelkind in einem Kloster aufwuchs. Lediglich in einer Szene spürte ich die innige Verbundenheit von Mutter und Tochter, die mit dem folgenden Zitat wunderschön in Worte gefasst wird „[..] und schließlich ergab ich mich dem Schicksal und kroch unter die zusätzliche Decke, als Fabiola Duérmete mi niña summte. [..] Und die Töne fielen wie Regentröpfchen auf meine Augenlider, bis ich einschlief.“ (S. 91)
Die eigene Familie kann man sich nicht aussuchen, aber man kann Freunde, Wegbegleiter und ein ganzes Dorf so liebgewinnen, dass sie fehlende Blutsverwandte tausendfach in Gold aufwiegen. Diese Quintessenz bleibt nach der Lektüre hängen – ebenso wie die Erkenntnis, dass Schuhe zum Tanzen da sind.