Ein bisschen wie „Miss Marple reloaded“

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Inzwischen schon zum zweiten Mal schickt Robert Thorogood seine Privatermittlerinnentruppe um die rührige Judith Potts ins Rennen.

Dieses Mal erwischt es Sir Peter Bailey, den reichsten Mann des Dorfes, noch bevor er seiner deutlich jüngeren Braut das Ja-Wort geben kann. Denn am Tag vor der Eheschließung wird er von einem Schrank erschlagen (das ist doch mal eine Todesart, die sich auf dem Totenschein sicher gut macht und schon andeutet, welcher Art Humor Thorogood anhängt), derweil seine Gäste, unter ihnen auch die Damen des Mordclubs um Judith Potts, Schampus auf die beiden trinken (oder sich das Maul zerreißen). Da der Raum, in dem Bailey erschlagen wurde, verschlossen war, ist der Fall für die Polizei schnell klar: Unfall – doch das können Judith Potts und ihre Mitstreiterinnen so nicht stehen lassen und stürzen sich in Ermittlungen …

Vorab: Man kann „Mrs Potts' Mordclub und der tote Bräutigam“ ohne Kenntnis des Vorgängers lesen, da die Handlung in sich geschlossen ist. Dann mögen einem die eine oder andere Anspielung oder Einordnung in zuvor thematisierten Kontext fehlen, das tut dem Fall bzw. der Geschichte hier aber keinen Abbruch. An sich hatten sich Judith, Suzie und Becks in ihrer Langweile nach dem letzten Fall nett eingerichtet, doch einer Ablenkung ist man natürlich nie abgeneigt. Tatsächlich erinnern mich Mrs. Judith und ihre Mitstreiterinnen ein wenig an Miss Marple: immer umtriebig, immer pfiffig, ein bisschen gegen den Strom (ok, DAS gilt nicht für alle drei Ermittlerinnen, da liegt Judith klar vorn) und vor allem britisch, ja auch in Bezug auf den Humor. Wer dieser Art von skurrilen Figuren und diesem doch teils schwarzen, aber deshalb nicht ins Alberne driftende Humor nichts abgewinnen kann, sollte die Finger vom (Hör-)Buch lassen. Doch wer Miss Marple oder den „Donnerstagsmordclub“ mag, dem dürfte auch diese Reihe gefallen. Der Spannungsbogen gleicht zwar nicht dem skandinavischer oder mancher amerikanischer Krimis/Thriller, sondern ist tatsächlich eher mit den Granden der englischen Krimiliteratur zu vergleichen, doch das kann ja gerade gewünscht sein (nicht zu viel Blut, dafür viel Mitraten, hier noch dazu in „klassichem Locked-room-Setting). Mir gefiel das Genre Hörbuch für die Reihe besser, hatte ich den ersten Band doch noch gelesen. Aber während ich Christine Prayon lauschte, deren Stimme und Vortragsart sehr gut zum Mordclub passt, konnte ich mir die Szenerie noch besser vorstellen als beim Lesen. Hörenswert!