Kulturschock in mehrerlei Hinsicht

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In „Mudbound – Die Tränen von Mississippi“ erzählt Hillary Jordan die Geschichte einer weißen Familie im Jahr 1946.
Laura, eine späte Braut aus gutem Hause, muss mit ihrem Ehemann aufs Land ziehen. Dieser erfüllt sich nämlich den Traum von einer eigenen Farm. Überwiegender Schauplatz des Romans ist eine alte, heruntergekommene Farm im Überschwemmungsgebiet des Mississippi, die nach Regenfällen von der Außenwelt abgeschnitten ist.
Außer Laura, dem Ehemann und den gemeinsamen Töchtern zieht ihr Schwiegervater mit auf die Farm - ein unangenehmer Zeitgenosse, der keinen Finger krumm macht, aber an allem etwas auszusetzen hat. Bei der Arbeit im Haus wird Laura von Florence unterstützt, sie ist die Frau eines farbigen Pächters. Dies allein führt zu unzähligen Konflikten.
Als Florences Sohn Ronsel und Lauras Schwager Jamie traumatisiert aus dem Krieg heimkehren, eskaliert die Situation auf dem Hof. Denn sie freunden sich an, was in den extrem rassistischen Zeiten in den Südstaaten blitzgefährlich ist.

Mich hat dieser Roman in seiner Hörbuchfassung sehr bewegt. So wie der Roman aus dem Blick von sechs verschiedenen Personen geschrieben ist, wird das Hörbuch von sechs verschiedenen Sprechern gelesen. Die unterschiedliche Draufsicht einer Situation macht die Geschichte authentisch und spannend.

Die Erzähler sind schonungslos ehrlich und machen sich nichts vor. Besonders Jamie hat es mir angetan. Dass er nur deshalb ein besonders guter Flieger war, weil er so große Angst davor hatte, über See abgeschossen zu werden und ertrinken zu müssen, ist eine bezeichnende Erkenntnis. Ich dachte, schon abgestumpft zu sein von unendlich vielen Berichten, Filmen und Fotos über NS-Deutschland. Doch als Jamie von der Befreiung des KZ Buchenwald berichtete, liefen mir die Tränen vor Entsetzen.

Viele Themen aus dieser Zeit wurden in den Roman gepackt: Rassismus, NS-Deutschland und mit deutschen Fräuleins flirtende US-Soldaten, Kriegsheimkehrer, die schwere Arbeit auf Baumwollfarmen, Inzest,... Hier wäre weniger mehr gewesen. Jedes dieser Themen hätte es verdient, vertieft zu werden, blieb aber oft etwas oberflächlich. Deshalb vergebe ich nur vier Punkte.