Ein längst überfälliges Buch!

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raoulchagny Avatar

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Die von Hansjörg Nessensohn gewählten Prämisse in "Mut. Machen. Liebe" zwei schwule Liebesgeschichten in Deutschland mit etwas 60 Jahren Abstand miteinander zu verknüpfen, ist äußerst reizvoll. Zum einen wendet er sich so einer Thematik zu, die in historischen Romanen oder auch in Filmen bisher kaum beachtet wurde, nämlich die in der jungen Bundesrepublik fortwährende Verfolgung Homosexueller unter dem damaligen § 175 StGB. Zum anderen kann er so verdeutlichen, wie erstaunlich viel sich in so einer kurzen Zeitspanne, die weniger als ein Menschenleben umfasst, geändert hat. Diese reizvolle Prämisse kann Nessensohn im Großen und Ganzen auch gelungen ausfüllen.
Sein Schreibstil ist gut lesbar uns flüssig - gerade in den Passagen der Vergangenheit jedoch zuweilen etwas schulbuchartig, was allerdings auch eine Referenz an den erzählerischen Charakter darstellen könnte. Die gelungene inhaltliche Darstellung lässt jedoch über einzelne stilistische Unebenheiten hinwegsehen. Auf der inhaltlichen Ebene gelingt es Nessensohn die beiden Handlungsstränge gut miteinander zu verweben, sodass die Wechsel der Erzählperspektive niemals erzwungen wirken, sondern passend erscheinen. Vor allem kann "Mut. Machen. Liebe" durch sein Sujet überzeugen. Nessensohn schafft es gut, die Verfolgung unter dem § 175 StGB anhand von Helmut und Enzo darzustellen, und verschafft dieser Thematik endlich Aufmerksamkeit. "Mut. Machen. Liebe" ist ein Buch, das längst überfällig war, und alles in allem empfehlenswert!