Eine Geschichte über das Sich-Selbst-Finden

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Zunächst einmal muss ich sagen, dass mir die Bewertung dieses Buches nicht leichtfällt.

Ich fange mit dem Positiven an:
Die Geschichte erzählt von Paul, der mit vielen Fragen auf eine Pilgerreise geht und dort auf die 80-jährige Liz trifft. Obwohl Paul kein Bock hat, kommt es so, dass die beiden zusammen reisen und sich anfreunden.
Liz erzählt Paul die Geschichte von Helmut und Enzo aus dem Köln der 50er Jahre.

Ich fand es sehr schön, wie die Geschichte in diese zwei Zeitebenen unterteilt war. Einmal die Gegenwart und einmal die Vergangenheit. Und doch beschäftigen sich beide Teile (und vor allem Pauls und Helmuts) mit der Selbstfindung. Die Fragen unterscheiden sich, was natürlich auch an den Lebensumständen und der Zeit liegt.
Und am Ende findet Paul, was er sucht.

Leider gab es für mich auch einige Kritikpunkte, die ich anmerken muss. Die Geschichte an sich ist top, ob es das ein oder andere Drama am Ende wirklich noch gebraucht hat, ist eine Frage, die ich nicht beantworten kann und möchte und die soll auch gar nicht in die Bewertung miteinfließen.

Das Ende ist sehr offen gelassen, was gut zu der Geschichte passt und den Lesenden hoffen lässt.

Pauls Sprache ist sehr jugendlich, was natürlich an seinem Alter liegt und die liest sich sehr flüssig und gut, aber teilweise auch zu gewollt jugendlich, wenn an anderer Stelle sehr hochtrabende Gedanken fallen, mag die Sprache dann nicht mehr ganz zu passen.

Die größte Schwäche des Buches ist für mein Empfinden das mangelhafte Korrektorat (und teilweise auch Lektorat). Dadurch, dass das Buch zwei Zeitebenen aufweist, ist es natürlich umso wichtiger, dass richtige Tempusformen verwendet werden, das war leider oft nicht der Fall. Zudem gibt es einfach total viele Fehler. Beides hat mich regelmäßig aus dem Leseflussgebracht. Auch die teils sehr merkwürdige Satzstellung hat dazu beigetragen. In der Menge ist es für mich dann auch einfach nicht mehr tragbar, denn normalerweise kann ich über sowas auch gut weglesen und dann fließt es auch nicht in meine Bewertung ein. Hier war es aber deutlich zu viel.

Aber der allergrößte Kritikpunkt - und das liegt vermutlich am Verlag - ist das Fehlen einer Triggerwarnung. Denn weder aus dem Klappentext noch aus dem Kontext werden Punkte klar und man wird als Lesender plötzlich völlig out of the blue damit konfrontiert (Stichpunkt: Helmuts Vater, Gefängnis und was Enzo dort passiert, die Situation zwischen Martin und Marlene, Polizeigewalt, der Paragraf und das Ganze Drumherum im Köln der 50er Jahre). Und das schließt eben auch und vor allem das ganze Drama am Ende ein. Hier würde ich mir wünschen, dass der Verlag vielleicht in einer zweiten Auflage nachbessert, denn das sind alles potentielle Trigger.


Insgesamt ist es dennoch eine schöne Geschichte mit erheblichen Makeln, die aber nachgebessert werden können in einer zweiten Auflage, deswegen vergebe ich 3,5 Sterne.
Wem die angesprochenen Kritikpunkte nichts ausmachen, wird sicher viel Freude an dem Buch haben.