Spannend und einfühlsam

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Eigentlich geht es um Paul (19), der durch seinen ehemals besten Freund und erste große Liebe Jonas mittels eines Videos vor vier Jahren viral geoutet wurde. Seither fühlt er sich unglücklich und orientierungslos. Er kann Jonas weder vergessen noch verzeihen. Auf einer Wanderung durch Italien soll ihm dies dennoch gelingen. Er bricht auf, um zu vergessen und sich selbst zu finden. Zunächst jedoch trifft er auf eine Mitwanderin, die 80-jährige Liz, die auf dem Weg nach Assisi ist. Liz, die viel in der Welt herumgekommen ist, schreibt unterwegs ihre Erinnerungen auf und erzählt Paul eine Geschichte. Diese spielt in der Nachkriegszeit in ihrer Heimatstadt Köln und handelt von Helmut und Enzo, die sich eines Tages zufällig begegnen. Sie verlieben sich ineinander, aber Homosexualität ist in Deutschland durch den Paragraphen 175 verboten und wird als Straftat angesehen. Die Polizei geht extrem streng und gewaltsam dagegen vor. Enzo und Helmut müssen zur Strafe für ihr ‚unnatürliches‘ Verhalten physische und psychische Gewalt ertragen. Helmut wird von der Gesellschaft ausgeschlossen. Sogar sein Freundeskreis betrachtet Homosexualität als Krankheit, nur wenige halten zu ihm, bitten ihn aber eindringlich, sich behandeln zu lassen und hoffen, dass es wieder weggeht.
Die Charaktere sind sehr einfühlsam gezeichnet und als Leser:in hängt man emotional sehr schnell mitten in der Geschichte. Ich habe das Buch an einem Abend gelesen, weil ich, einmal darin versunken, nicht mehr aufhören konnte. Die Geschichte fesselt, man spürt deutlich das Unrecht, das den beiden jungen Männern angetan wird, wünscht sich, dass die himmelschreiende Ungerechtigkeit ein Ende haben solle und fragt sich, wie Menschen nur so borniert und gemein sein können.
Besonders berührend ist die Freundschaft, die sich auf dem Weg zwischen Liz und Paul entwickelt. Liz stellt die richtigen Fragen und gibt die richtigen Impulse und sie ist ein wunderschönes Beispiel dafür, dass alt zu sein nicht bedeuten muss, dass man auch im Denken alt ist. Sie ist aufgeklärt, modern, tolerant und liebevoll im Umgang und deshalb kann Paul sich emotional öffnen und seinen Weg finden.
Ich bin begeistert und empfehle das Buch absolut weiter.