In der Löwengrube

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murksy Avatar

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Die Schauspielerin, oder Künstlerin, wie sich Rose McGowan lieber selbst bezeichnet, beschreibt in diesem Buch sehr offen und schonungslos ihre schreckliche Kindheit in einer Sekte. Geprägt von männlicher Dominanz und sexueller Perversion flieht sie mit ihrem Vater nach Amerika. Der Herr entpuppt sich im Laufe der Zeit aber auch als ein sehr zwiespältiger Mensch, dem es nicht an psychischer Brutalität mangelt. Die junge McGowan entwickelt sich zum punkigen Goth-Girl, dass sich auflehnt und ihren eigenen Kopf hat. Umso unverständlicher, dass sie trotzdem von Hollywood gefangen wird und sich anpasst. Aber wie sie im Buch anmerkt, man will ja leben und Geld verdienen. Und der Reiz des Ruhmes lockt natürlich auch die junge Frau. Im Laufe der Zeit wird ihr Männerhass (auch wenn das nicht auf alle Männer zutreffen mag) größe und erreicht ihren Höhepunkt mit der Vergewaltigung durch Weinstein, den sie im Buch nur Monster nennt. Doch das System des perversen Moguls war bekannt. Trotzdem hat niemand die junge Schauspielerin gewarnt. Allerdings bleibt es nach wie vor ein Rätsel, wie 20 Jahre lang ALLE schwiegen. Opfer und Mitwisser. Die Erklärung von McGowan ist zwar in Teilen schlüssig, aber sich trotzdem schweigend weiter an die Riten von Hollywood haltend (Ruhm und Geld sind gefährliche Drogen), widerlegt die Autorin in ihrem letzten Teil des Buches selbst. Hätte sie und andere damals schon reagiert, vielleicht wäre vielen anderen Frauen ein ähnliches Schicksal erspart geblieben. Nicht als Baueropfer enden zu wollen, ist verständlich. Trotzdem zu schweigen, aus welchen Gründen auch immer, kann und darf nicht die Lösung sein. Selbst wenn man dafür seine Karriere aufs Spiel setzt. Nachdem die sogenannte Karriere dem Ende entgegen geht, haben plötzlich viele den Mut, die Wahrheit zu sagen. Ich nenne das heuchlerisch, und nicht mutig. McGowan, die mit ihrer neuen Bewegung letztendlich auch nichts anderes als eine Sekte gründet, hat das Monster Hollywood zu oft gefüttert. Sei es ihr naiver Auftritt im naked dress (weder schön noch verständlich) oder ihr nacktes Posieren für den Rolling Stone. NATÜRLICH darf jede Frau bestimmen, was sie wann und wie trägt. Aber zu behaupten, dass die Reaktionen so nicht zu erwarten waren, ist nicht glaubhaft. Die Begründung, ach, lasse ich den Medien doch ihren Spaß und spiele mit, klingt fadenscheinig. Warum lässt sie sich auf ein solches Fotoshooting ein? Keine Promo für Film? Lachhaft! Das Buch bekommt drei Sterne, weil es wichtig war (wenn auch zu spät) die perverse Welt Hollywoods und vor allem der Weinsteins zu entlarven.
Auf Dauer wird der hasserfüllte Sermon der Autorin zu nervig, um dem Buch wirklich alles abzukaufen, was McGowan anbringt. Bis hin zum Punkt Eigenwerbung, wenn die Frau auf den letzten Seiten ihr Buch, ihre Platte und sogar ihre neue Kosmetiklinie anpreist. McGowan sass in einer Löwengrube, die sie gefüttert hat und immer noch füttert. Der Zorn der Frau ist verständlich, die oftmals sehr einseitige Darstellung als arme Frau, die in Hollywood eh nichts zu sagen hat, wirkt leider stellenweise nur noch verbittert.