Ein Buch von Müttern, nicht nur für Mütter!

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jacky2110 Avatar

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Ein Essayband, der uns Müttern gewidmet ist und einen klaren Appell formuliert: Vereinigt Euch! Erhebt Eure Stimme! Äußert, was Euch bewegt, was Ihr wollt! Und zwar laut und ohne Euch dafür zu schämen oder schlecht zu fühlen!

Klug und pointiert legen 15 Autorinnen ihre spitze Feder in die Wunden einer Gesellschaft, die in vielen Bereichen noch immer an veralteten Rollenbildern festhält und geistige und moralische Mauern errichtet, wo eigentlich Freiheit und offenes Denken herrschen könnten.

Die Themen sind facettenreich, manche von konkreten Alltagserlebnissen geprägt, andere in geistige Sphären abgedriftet und schwer zu greifen. Da ich nicht alle Texte darstellen kann, ohne ins Unendliche abzuschweifen, habe ich drei herausgesucht, auf die ich näher eingehe.

Die Essays:
Äußerst bildhaft, teils ironisch, teils schmerzhaft ehrlich fand ich den Text der Herausgeberin Barbara Rieger „Das Natürlichste auf der Welt". Wenn sie ihre eigene Schwangerschaft, die Geburt und die Zeit danach unverhohlen aus dem privaten Raum entlässt und in den öffentlichen Diskurs stellt, ist man in vielen Punkten bei ihr, erinnert sich zurück und nickt innerlich immer wieder: ja, so ging es mir auch, ja, so habe ich (heimlich) auch gedacht.

In „Blut, Milch, Digitale Tinte" rückt die Autorin Sandra Gugic den unsteten Alltag mit Baby in den Fokus. Ihr Text ist sehr rhythmisch, Zeilen reihen sich wie Verse aneinander und Passagen formen sich zu Reimen, mal staccato, mal legato. Sie beschreibt nuanciert wie sich ihr Dasein in zwei Lebenswelten aufspaltet: den Kokon, in den sie sich mit ihrem Kind hüllt und ihre Existenz als Schriftstellerin, die Grenzen aufbricht und moralische Schranken über Bord wirft. Sie berichtet von Getriebenheit und gleichzeitig dem Gefühl, nicht von der Stelle zu kommen, einem schwebenden Zustand, als befände man sich in einer Blase, abgeschirmt von der Außenwelt.

Und Theresa Bücker stellt die Frage, ob es radikal ist, ein Kind ohne Partner zu bekommen und konstatiert, dass das Modell der Kleinfamilie schon länger erodiert und ein Bewusstsein für andere Lebenswege geschaffen werden sollte. Ein Text, der anregt und manche sicherlich aufregt. Ich fand ihn sehr erfrischend.

Fazit:
Insgesamt ist dieses Buch keine leichte Kost, denn es deckt auf, fordert und könnte den ein oder anderen mit seiner Schonungslosigkeit provozieren. Mich haben nicht alle Texte angesprochen, einige waren mir zu abstrakt und ich konnte nicht nachvollziehen, was die Autorin damit sagen wollte. Andere haben genau meinen Nerv getroffen, mich nachdenklich gestimmt oder inspiriert. Insgesamt finde ich diesen kleinen Band äußerst empfehlenswert. Er verleiht Müttern eine Stimme Stimme und spricht viele wichtige Themen an, die gesamtgesellschaftlich aufgearbeitet werden müssen - das finde ich richtig klasse!