Olympische Abenteuer

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martinabade Avatar

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Aus dem Pappumschlag fiel ein Buch – ein blaues Buch. Von außen und auch innen. Versprochen wird: Eine fesselnde Reise durch die griechische Mythologie. Für junge Menschen. Leider gibt es nirgends eine Altersangabe. Der Verlag sagt: Zum Vorlesen und Schmökern. Oh ha, ich weiß nicht, ob ich einem Kind, das selbst noch nicht lesen kann, die Geschichte vom kleinen Hermes vorlesen will, der eine Schildkröte tötet, um daraus seine erste Lyra zu bauen. Und das ist nicht die schlimmste Grausamkeit, die das „gewitzte Kerlchen“ im Portfolio hat. Aber, daran müssen wir uns eben gewöhnen, auf und um den Olymp ging es damals durchaus handfester zu als heute unsere verweichlichten Gemüter so gewohnt sind.

Wir haben also hier den legitimen „Alters-Vorläufer“ zu Gustav Schwabs „Sagen des klassischen Altertums“. Für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die sich mit den blanken Texten im Schwab’schen gedrechselten Deutsch der Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert schwertun. Und das sind garantiert mehr als es zugeben, denn mal ernsthaft: Wer von Euch hat den Schwab, den er oder sie im Buchregal stehen hat, auch von vorn nach hinten durchgelesen?

Der vorliegenden Band ist viel freundlicher gestaltet. Man merkt sofort, dass da jemand schreibt, die ihre Zielgruppe genau vor Augen hat. Sylvia Seelert ist im echten Leben Kulturmanagerin und betreibt www.mythentor.de. Sie hat also Routine im „Übersetzen“ der antiken Mythen in eine heutig konsumierbare Form und Sprache. Und so beherbergt das Buch im Grunde eine Reihe von spannenden Abenteuergeschichten, verwickelten Detektivgeschichten und natürlich auch viel Herzschmerz. Wir hören vom Kampf der Titanen und Giganten, lesen die Geschichte von Daidalos und Ikaros und ziehen zum Trojanischen Krieg ins Feld. Und merken dabei, wie sehr die antike Welt bis heute in unserer Sprache geborgen ist. Wir kennen alle die Redewendung vom „Trojanischen Pferd“, sind alle schon einmal vor dem „zu hoch fliegen“ gewarnt worden, und „Ödipuskomplexe“ durchziehen unser Leben.

Um das für uns verständlicher zu machen, gibt es eine Einführung in die Götterwelt, in der die Autorin erklärt, was zum Beispiel einen Mythos von einer Religion unterscheidet, welche Gottheit welche Zuständigkeiten zugeschrieben bekommen hat oder wie olympische Verwandtschaftsverhältnisse entstanden sind. Mit den Illustrationen und Schautafeln wird das alles anschaulich, und wir können immer wieder nachschlagen, wer da eigentlich wie mit wem verwandt ist.

Ein Buch wie ein Tor zu einer vergangenen Welt.