Darf Literatur fiktiv sein???

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elviga Avatar

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Das Interesse, das die Leseprobe bei mir geweckt hatte, hat sich beim Lesen des gesamten Romans im Wesentlichen halten können.
Die inneren Seelenzustände der Schriftstellerin (ob es sich wohl um Delphine de Vigan selbst handelt? Zumindest spielt die Autorin mit diesem Gedanken, denn ihre Schriftstellerin heißt ebenfalls Delphine) werden sehr gut und sehr nachvollziehbar geschildert.
Natürlich möchte man wissen, um wen es sich bei der ominösen L. handelt, warum sie die Dinge tut, die sie tut. Doch das wird leider nie ganz klar.
So spannend ich es fand, zu lesen, wie sich Delphines Schreibblockade manifestiert, so unbefriedigend fand ich letztendlich die Figur der L. Ich hätte gerne gewusst, was jemanden wie sie antreibt, was ihre Verletzungen sind, warum sie schießlich sogar zum Äußersten bereit gewesen wäre. Aber irgendwie kommt sie einem als echter Charakter nicht näher.
Eher negativ aufgestoßen ist mir auch der ewige Streit um die Frage ob Literatur fiktiv oder realistisch sein soll. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine echte Schriftstellerin sich diese Frage wirklich stellt. Natürlich ist Literatur (auch autobiografisch untermauerte) immer fiktiv, sonst wäre es keine Literatur.
Ich bin in meiner Gesamtbewertung etwas gespalten: der Stil ist wirklich sehr gut, interessant ist das Ganze auch, aber eben nicht hundertprozentig überzeugend.