Faszination einer Freundschaft

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Ich habe von dieser Autorin noch kein Buch vor diesem gelesen, aber ich kann mir gut vorstellen, dass ich das noch nachholen werde. Nach der Leseprobe, die ich lesen durfte, habe ich zwar mit einem interessanten Buch gerechnet, aber nicht unbedingt damit, dass es mich so mitreißt, dass ich die 348 Seiten in nur etwas mehr als einem Tag durchlese. Es geht um L., die in das Leben von Delphine de Vigan tritt und es gehörig durcheinander bringt, wenn man es mal freundlich formulieren möchte.

Auf einer Party lernt die Autorin die Ghostwriterin L. kennen. Sie reden an dem Tag schon viel und kurz darauf treffen sie sich wieder und bald freunden sie sich an. Sie verbringen viel Zeit miteinander, viel mehr Zeit, als Delphine de Vigan mit ihren anderen Freunden verbringt, die sie schon sehr viel länger kennt. L. erzählt nicht viel von sich, aber als Ghostwriterin ist sie es gewohnt, sich in andere Menschen hinein zu versetzen und so schafft sie das auch bei Delphine, die sich schnell daran gewöhnt, mit L. nun beinahe täglich Kontakt zu haben.

L. interessiert sich auch sehr für die Kinder von Delphine, möchte sie aber nie kennenlernen. Immer wenn es die Gelegenheit gäbe, die Kinder oder den Lebenspartner von Delphine kennen zu lernen, hat sie etwas anderes vor oder ist plötzlich krank. Bei der Frage nach dem neuen Buch, das Delphine zu schreiben plant, kommt es zu einem Streit. Delphine schwebt ein fiktionaler Roman vor, aber L. meint, es müsse etwas aus dem wahren Leben sein, weil die Leser das lesen möchten und Delphine solle nicht aus Bequemlichkeit darauf verzichten, das Buch zu schreiben.

Nach diesem Streit fällt es der Autorin immer schwerer, sich auf das Schreiben zu konzentrieren und sie erlebt eine depressive Phase. In dieser Phase zieht L. zu ihr und übernimmt auch die gesamte Korrespondenz mit Verlagen, Anfragen und Freunden. Damit übernimmt sie auch die Macht über das Leben von Delphine de Vigan. Doch diese bemerkt es irgendwann und möchte sich von L. befreien.

Bei einem Literaturfestival, zu dem sie nach der Zeit mit L. eingeladen wird, redet sie mit einem Mann im Publikum darüber, ob und wie ein Leser es erkennen kann, dass es keine Fiktion, sondern die Wahrheit ist, die in einem Buch steht. In diesem Gespräch spricht die Autorin davon, dass der Leser auch auf ein Buch hereinfallen könne, das sich als die Wahrheit ausgibt. Da das vorliegende Buch ja "Nach einer wahren Geschichte" heißt, kann man sich nach diesem Gespräch fragen, was daran wohl wahr und was erfunden ist. Vermutlich wird man es nicht erfahren, aber genau das macht für mich mit den Reiz des Buches auch aus.