Gespräch mit Delphine

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waterlilly Avatar

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Durch das in knalligem Rot gestaltete Cover sticht Delphine de Vigans Roman „Nach einer wahren Geschichte“ ins Auge und auch der Plot machte mich neugierig.

Auf einer Party lernt Delphine die geheimnisvolle L. kennen. Die beiden Frauen entdecken viele Gemeinsamkeiten und schon bald verbindet sie eine intensive Freundschaft.
Als Delphine L. von der Idee zu ihrem neuen Roman erzählt, stößt sie auf große Ablehnung, was Delphine in eine von Selbstzweifeln geplagte Schaffenskrise stürzt. Verfolgt von Panikattacken gelingt es ihr nicht mehr am Computer zu arbeiten oder auch nur einen Stift zu halten.
In dieser schweren Zeit steht ihr L. zur Seite, in dem sie in Delphines Namen jegliche Schreibarbeiten übernimmt und ihr dabei auf mysteriöse Weise immer ähnlicher wird.

Die Idee, das jemand die Identität eines anderen einfach so annehmen könnte ist unheimlich und deswegen ein fesselnder Plot für einen Roman.
Wer hier allerdings einen Psychothriller erwartet wird enttäuscht sein.
Bei „Nach einer wahren Geschichte“ handelt es sich im Grunde um einen Monolog. Es fühlt sich an, als hätte man sich mit Delphine auf einen Kaffee getroffen und würde ihren Erzählungen lauschen. Dabei drückt sie sich sehr ausschweifend aus und verzettelt sich teilweise in Nebensächlichkeiten und übertriebener Detailtreue. Auch wiederholt sich sich an manchen Stellen, was jedoch den Charakter des Monologs authentischer werden lässt.

Letztendlich hat das Buch nur zwei Protagonisten. Delphine und L., deren vollständigen Namen der Leser nicht erfährt.
Delphines Lebensgefährte und die Kinder werden zwar erwähnt, treten jedoch nur am Rande in Erscheinung.

Insgesamt blieben die Charaktere eindimensional für mich und ich konnte sie mir nicht wirklich vorstellen. Das führe ich auf den bereits erwähnten Monolog-Stil zurück, denn ich fühlte mich mehr wie ein Zuhörer, als wie jemand, der in die Geschichte eintaucht und sie miterlebt.

Durch die ruhige Erzählweise fiel es mir zunächst schwer, mich in das Buch einzufinden, ab einem bestimmten Punkt war ich dann dennoch so gefesselt, dass ich das zweite Drittel an einem einzigen Nachmittag durchgelesen habe.

Zurück bleiben viele Fragen um das Mysterium L.
Hat es diese Frau im Leben der Delphine aus dem Buch wirklich gegeben. Handelt es sich hier vielleicht sogar um ein autobiographisches Werk der Autorin?
Dieses Buch verwischt die Grenzen zwischen Wahrheit und Fiktion und lässt dem Leser Spielraum für die eigene Interpretation.
Ich persönlich hätte mir jedoch ein eindeutigeres Ende gewünscht.