Spannende Geschichte über zwei Frauen

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leseprinzessin1991 Avatar

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Nach einer wahren Geschichte
In Delphine de Vigans neuem Roman „ Nach einer wahren Geschichte“ geht es um zwei Schriftstellerinnen, die sich begegnen und die ihr Leben beeinflussen. Vor allem steht das Leben von Delphine de Vigan im Vordergrund, die die eine Protagonistin verkörpert und biographisch erzählt, wie eine andere Frau, L. genannt, in ihrem Leben gelangt und es beeinflusst. Doch schon bald merkt Delphine, dass die Veränderungen, die mit der Freundschaft zu L. einhergehen, nicht mehr harmlos und positiv sind.
Am Anfang des Romans lernt man die Autorin kennen, ihre Ängste und Wünsche und ihr Seelenleben. Die Handlung beginnt, nachdem die Autorin gerade einen biographischen Roman über das Leben ihrer Mutter veröffentlich hat. Dieser Roman war zwar ein Erfolg für die Autorin, zog jedoch auch unerwartete Konsequenzen nach sich, wie eine große mediale Aufmerksamkeit und zahlreiche Enthüllungen über das Privatleben und die Familie. Von diesen Folgen überwältigt gelangt die Autorin in eine Sinnkrise und sieht keine Richtung, in die es weitergehen soll. Zudem sind ihre beiden Kinder gerade zum Studieren weggezogen und ihr Freund ist viel beruflich im Ausland unterwegs. In dieses Situation lernt sie die Schriftstellerin L. kennen, die nach und nach zu der Delphines Vertrauten wird und großen Einfluss auf Delphines Leben hat. Doch während die Freundschaft zu L. immer stärker wird, verschlechtert sich ihre psychische Verfassung und sie fällt in eine Depression. Nach und nach nimmt Delphine wahr, dass L. sie anlügt und sich in vielen Situationen merkwürdig verhält, bis es fast schon zu spät ist.
Durch das Buch erhält der Leser spannende Einblicke in das Leben eines Schriftstellers und den Literaturbetrieb. Man erfährt wie Delphine beim Schreiben vorgeht, wie sie zu einer Autorin wurde und in welcher Szene sie sich als Autorin bewegt. Man erfährt aber auch die Tiefen, die Schreibblockaden und den Druck, ein gutes Buch zu schreiben. Auch in den Dialogen der beiden Frauen geht es oft um Literatur, um konkrete Beispiele aber hauptsächlich, darum wie sie beschaffen sein sollte. Ich fand es auch interessant zu lesen, wie sich die Veröffentlichung eines biographischen Buches auf das Leben der Autorin auswirkt. Neben der Schriftstellerei und Literatur geht es auch viel um zwischenmenschliche Beziehungen. Die Autorin gewährt dabei sehr tiefe Einblicke in ihr Seelenleben und wirkt daher sehr authentisch. Man kauft ihr alles ab, die Gefühle, die Stimmungen und die Gedanken. Überhaupt sind beide Figuren wirklich interessant.
Zu der Beziehung von L. und Delphine möchte ich anmerken, dass ich anfangs noch mit Delphine sympathisierte, doch schnell erschien sie mir zu naiv. Ich kann ihr Verhalten an manchen Stellen gar nicht nachvollziehen, z.B. frage ich mich, wie sie nicht erkennen konnte, dass L. sie offensichtlich manipulierte. Während der gesamten Handlung herrscht eine düstere Stimmung und ein Spannungsbogen, der nicht abnimmt. Das Buch ist eher wie ein Psychothriller geschrieben und so konnte ich es kaum aus der Hand legen. Der Gedanke, dass es nach einer wahren Begebenheit erzählt wird macht das Ganze noch unheimlicher und verschwindet nie aus dem Kopf des Lesers. Der Leser wird immer daran erinnert. Am Ende des Romans wird der Leser planlos und emotional zurückgelassen, ganz eingenommen von der Wirkung dieses Buches. Ich empfehle diesen Roman uneingeschränkt, dennoch muss man ein gewisses Interesse an Literatur und Schreiben haben, damit die Passagen, in denen es darüber geht, nicht zu Langeweile führen.