Die vielen Farben der Trauer

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petris Avatar

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Der erste Eindruck zu diesem Roman war, dass mir das Cover extrem gut gefiel. Ich mochte das Bild, Meer, Himmel, Sand, eine junge Frau im roten Bikini, die in die Ferne sieht, das alles sehr minimalistisch, geheimnisvoll. Nachdem mir weder der Autor etwas sagte, noch dem Titel viel zu entnehmen war, war ich gespannt, ob sich dieser erste Eindruck des Covers auch im Geschriebenen bestätigen würde.

Schon im Klappentext erfahren wir, dass „Nach Mattias“ wortwörtlich zu nehmen ist. Mattias lebt nicht mehr, er hat eine Lücke hinterlassen, war anscheinend ein außergewöhnlicher Mensch, voller Begeisterung und Mut, der jeden Tag hingebungsvoll lebte. Es wird auch angedeutet, dass unterschiedliche Menschen aus seinem Umkreis zu Wort kommen würden, sich teilweise begegnen würden und ihre Geschichten ein Gesamtbild des Verstorbenen gestalten würden, wie ein Puzzle. Das klang vielversprechend und machte Lust auf die Lektüre.

Das Konzept geht ganz wunderbar auf! Jeder Abschnitt wird aus Sicht einer anderen Person erzählt. Wir erfahren, wie sie mit dem Tod umgehen, wie sie versuchen weiterzuleben, wie sie mit Mattias verbunden waren und vor allem wird erzählt, was für ein Mensch er war. Nach und nach wird das Bild, das wir von ihm bekommen immer schärfer. Er war ein besonderer Mensch, einer von denen, bei denen man sich fragt: „Warum er?“, einer von denen, die die Menschen, einfach durch ihre Art zu sein beeinflussen.

Zu Wort kommen dabei ganz unterschiedliche Menschen, Amber, Mattias Freundin, Kristianne, seine Mutter, auch die Großmutter erzählt, Quentin, Mattias bester Freund spricht in einem Kapitel, doch auch Issam, mit dem er sich nur über ein Computerspiel ausgetauscht hat, trägt einen Puzzleteil bei. Und dann gibt es noch ein paar Personen, bei denen nicht so schnell klar ist, wie sie in die Geschichte passen. Wir erfahren auch erst spät, wie Mattias gestorben ist.

Das Ganze ist total stimmig, man verliert als Leser*in nie den Faden, manchmal weiß man eben nicht genau, wie die Person zu Mattias steht, wie sie mit der Geschichte zusammenhängt, aber das macht das Lesen nur noch spannender, weil man auf die Auflösung wartet und selber Theorien dazu entwickelt. Die Länge der einzelnen Kapitel sind harmonisch, kein Wort zu viel, keine Zeile zu wenig.

Und dann ist da natürlich Zantinghs Sprache, seine Sätze. Ich habe ganz viele Stellen markiert, weil ich sie so schön fand, weil sie mich begeistert und berührt haben.
Ein besonderer Bonus ist das Interview mit dem Autor am Ende des Romans, fast wie ein Nachwort. Hier erfahren wir mehr über den Autor. Unter anderem, was Musik für ihn bedeutet, da sie auch im Roman eine große Rolle spielt:
„Es gibt für mich nichts Schöneres, als einen Song zu finden, den ich so sehr liebe, dass ich in ihm Erinnerungen einschließen kann und dabei weiß, dass sie da für den Rest meines Lebens sicher sind.“ S. 242
Er erzählt auch, dass die Songs der Rockband, die im Roman vorkommt, alle bis auf einen nach Kurzgeschichten von Raymond Carver benannt sind, den er als Autor verehrt. Wie schön, so einen Lieblingsautor zu zitieren!

„Nach Mattias“ ist ein Buch, das alles hat, was mir beim Lesen wichtig ist. Interessante Sprache, stimmiger Aufbau, spannende Charaktere, eine Geschichte, die mich fesselt. Ich bin begeistert und habe mit diesem Roman ein erstes Lieblingsbuch 2020 gefunden!