Besondere Kinder

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rippchen Avatar

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Als ehemaliger Krankenpfleger in einer psychiatrischen Klinik weiß Nathan Filer genau, wovon er schreibt. Das tut er auf eine derart sensible, humorvoll-berührende Art, dass es den Leser schon im ersten Kapitel unweigerlich in eine Geschichte hineinzieht, deren Thema gesellschaftlich häufig tabuisiert wird: Das Tabuthema „Menschen mit Handicap“ wird verkörpert durch den neunjährigen Matthew. In der Leseprobe lässt Filer seinen Protagonisten in einem stark personifizierenden ich-Erzählstil aus der kindlichen Perspektive über vergangene, dramatische Ereignisse seines eigenen Lebens wie auch des damit eng verbundenen Lebens seines Bruders Simon berichten.

Matthew leidet an Schizophrenie, die sich bereits im ersten Kapitel an diversen Symptomen manifestiert, ohne dass Filer sie direkt benennt. In dem Kapitel „Das Mädchen und seine Puppe“ beschreibt er anhand einer nicht ganz alltäglichen Situation zwischen zwei Kindern lediglich die wahrnehmbaren Anzeichen: Die reichen von Erinnerungslücken und Wahrnehmungsstörungen über ungeschickte Motorik und unbeholfene Sprache bis hin zu Gefühls- und Gemütsschwankungen.
Offensichtlicher ist das Handicap seines drei Jahre älteren, äußerst liebevollen Bruders Simon, der bereits äußerliche Anzeichen einer Krankheit aufweist: Mit Mondgesicht, Muskelschwäche und seiner außergewöhnlich liebevollen Art ist er gemäß Matthews Beschreibung „anders als die meisten Menschen“.

Bereits zu Beginn wird nicht nur auf Simons baldigen Tod, sondern auch auf die darüber hinausgehende enge Beziehung der Geschwister hingewiesen. Und auch der anfangs recht ungewöhnlich anmutende Buchtitel „Nachruf auf den Mond“ bekommt recht schnell eine Bewandtnis: Er zielt nicht nur auf die innige Bindung der Brüder, sondern auch auf die besondere Handlung ab: Das Gedenken an Matthews „mondgesichtigen“ Bruder und die Problematik um dessen Tod wird sich, so die Vermutung nach der Leseprobe, wie ein roter Faden durch den gesamten Roman ziehen.