Post von Wagner in Langform

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Zugegeben: Das Buch „Nachspielzeiten“ von Lucas Vogelsang liest sich ganz gefällig. „Denn der Fußball schreibt die besten Geschichten“ lautet die Erläuterung zum Titel. Doch da fängt es schon an, schief zu werden, noch bevor man das Buch überhaupt aufgeschlagen hat. „Nachspielzeiten“ deutet ja darauf hin, dass es gerade nicht um Fußball geht, also eher um das Danach, so wie im Kapitel über Ex-Fußballprofis im Dschungelcamp oder Tim Wiese als Wrestler. Da gehe ich noch halbwegs mit. Allerdings zeigt die stilisierte Illustration auf dem Cover das berühmt-berüchtigte Bild von Vinnie Jones, der Paul Gascoigne dahin greift, wo es ein klein bisschen mehr weh tut als anderswo. Also geht es scheinbar doch um Fußball. Richtiger wäre vermutlich gewesen: „Fußballer lassen die besten Geschichten schreiben“. Denn das „denn“ ergibt hier wie dort gleichermaßen keinen Sinn.

Worum geht es also? Im Grunde ist es Boulevard-Klatsch über Fußballer der tendenziell eher abgehalfterten Art. Hier kommen die B- und C-Promis zu Wort bzw. schreibt der Autor über sie. Wie bereits angedeutet kann man das alles so weglesen. Eine Metapher ergibt die nächste. Es ist so eine Art Post von Wagner (Bild) in Langform. Wenn auch die sprachlichen Bilder durchaus stimmig und kurzweilig sind; die Sprache ist es nicht.

„Die Zeit, sie läuft von Beginn an für die Griechen“, ist da nur ein Beispiel. Dieser Art nutzlose Subjekt-Relativsatz-Konstruktionen kommen auf beinahe jeder zweiten Seite vor. Wer hier mein Problem nicht erkennt: Was ist gegen den normalen Hauptsatz „Die Zeit läuft von Beginn an für die Griechen“ einzuwenden? Entweder hat der Lektor das nicht gesehen oder Herr Vogelsang war diesbezüglich beratungsresistent. Oder aber diese Art der Sprachverwirrung gehört mittlerweile dazu, wie ich leider oft auch beim Deutschlandfunk hören muss – und das ist schon einer der besseren Radiosender in Deutschland.

Insgesamt geht es, mehr oder weniger ausschweifend und ausschmückend, in sieben Kapiteln um Griechenlands Gewinn der Europameisterschaft 2004, um Mehmet Scholl, die bereits erwähnten Fußballer im Dschungelcamp, Tim Wiese, eine eher marginale Geschichte mit DJ Ferry, die dem Autoren persönlich am Herzen lag, Beckenbauer und eben Gazza und Vinnie. Es ist eine durchaus wilde Mischung, aus der ich nicht wirklich erkennen konnte, weshalb er nun gerade diese Charaktere und Begebenheiten ausgewählt hat.

Fazit: Das Buch ist kurzweilig und in metaphernreicher Sprache verfasst. Der größte Witz jedoch ist, dieses Machwerk als Sachbuch zu bezeichnen. Als wäre die Bild-Zeitung das Feuilleton der FAZ.