Ein Frauenroman

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Heloise hat sich von Philipp getrennt, denn so lange man jung ist ,ist es viel cooler in Berlin ein Single-Dasein zu genießen. Oder vielleicht hats auch einfach nicht gepasst. Das Resultat ist das gleiche, Heli verbringt die Silvesternacht mit Freundinnen und ohne Mann. Was solls, ein Berliner Sprichwort sagt, je schlechter das neue Jahr anfängt, umso besser wird es. Doch Für Heli und ihre Freundinnen scheint dies zu nächst nicht zu zutreffen. Unterwegs in der Berliner Elektro-Szene feiern sie zwar wild, lernen auch Männer kennen, aber Mr. Right ist scheinbar nicht dabei. Dabei kann Heli wenigstens die Sache mit ihrem Ex schon zu Beginn des Jahres abharken, aber davon hat sie noch keinen Neuen an der Angel und auch sonst scheint dieses Sprichwort nur bei ihren beiden Freundinnen wahr zu werden.  

"Nachtaktiv" ist der Debütroman von Sophie Senoner, die bereits neben ihrem Studium für das berliner Lifestyle-Magazin _Proud magazine_ schrieb und dort dann auch die Chefredaktion übernahm. So gesehen, kann man davon ausgehen, dass Senoner in ihrem Roman teilweise eigene Erfahrungen verarbeitet hat, auf jeden Fall aber weiß, wovon sie schreibt.  Der Text wird aus der Ich-Perspektive des Hauptcharakters  Heli  erzählt. Dabei ist der Schreibstil etwas eigenwillig, hin und wieder werden in Abschnitten Helis (betrunkene/verkaterte) Gedankengänge ungefiltert wiedergegeben und ähnlich wie es bei Kurzmitteilungen üblich ist, werde Personalpronomen, wie z.B. Ich, einfach weggelassen, auch die Artikel zu einigen Worten werden weggelassen (dies aber nicht kontinuierlich). Dies alles erschwert hin und wieder den Lesefluss, macht aber wohl auch das Besondere des Romanes aus. Die Kapitelüberschrift ist das Datum des Tages den Heli gerade erlebt, dieser wird durch Uhrzeitangaben nocheinmal unterteilt. Insgesamt erinnert der Aufbau also an ein sehr detaillreiches Tagebuch. Heli ist jung, dynamisch und häufig betrunken, so dass sie teilweise eine eher "rohe" Sprache gebraucht und Situationen ungehemmt schildert. Manchen Leser mag diese Art des Schreibens abschrecken, insgesamt jedoch wirkt es eigentlich nicht übertrieben und nicht ganz so schnell, scharf und witzig, wie auf dem Buchrücken angekündigt. Dabei hat das Buch aber durchaus Witz und die Hauptcharaktere werden dem Leser durchaus sympathisch, obwohl vorallem die Emotionen von Heli aufgrund des gewählten Stils manchmal etwas abgeflacht wirken. Der Leser ist vielleicht geneigt zu denken, die jungen Frauen in Berlin feiern sich nur durchs Leben, jedoch zeigen die Daten über den Kapiteln, dass zwischen den Ereignissen durchaus Tage nicht geschildert werden. Nur die wichtigen Ereignisse sind ja auch interessant genug, um geschildert zu werden und dies sind nun mal die Partys, die Gespräche mit den Freundinnen und die Suche nach der großen Liebe. Hin und wieder wird auch das "normale" Leben, wie die Tätigkeit bei einem Lifestyle-Magazin und das Studium geschildert. Damit ist der Roman bestimmt dicht am realen Leben, zumindest an dem einer Berliner Szene.

Nach der Leseprobe hatte ich Bedenken, ob der gewählte Schreibstil mir eventuell die Freude am Lesen dieses Romanes nimmt. Die Bedenken verlor ich jedoch relativ schnell. So war ich erstaunt, wie schnell ich diesen Roman lesen konnte und wie gut ich mich zunächst  unterhalten fühlte. Leider,leider ebbte dieses Gefühl im Lauf des Romanes ab, weil immer deutliche zu Tage trat, dass die selbstbewußten(in Teilen fast arroganten), selbständigen, eigenwilligen Hauptpersonen (vorallem Heli) fast verzweifelt auf der Suche nach dem Traummann waren. Und so konnten der ungewöhnliche Schreibstil und so Begriffe wie "Muschi","Penis", "Sex", "Drogen (Koks, MDMA etc.)" nicht darüber hinweg täuschen, worum es sich bei diesem Buch handelt. Meiner Meinung nach ist es ein klassischer Frauenroman, der evtl. in Anlehnung an "Feuchtgebiete" und "Axolotl Roadkill" (von beiden Büchern habe ich nur gehört/gelesen ohne sie bisher selbst gelesen zu haben) gerne innovativ und anders gewesen wäre, es am Ende dann aber doch nicht wirklich ist. So fand ich den Roman im Verlauf  phasenweise ein bißchen öde und irgendwie fast "Frauenromanklischeehaft", was mich wahrscheinlich nur störte, weil ich es hier so nicht erwartet hätte . Insofern bin ich bei der Bewertung des Buches etwas zwiegespalten, denn das Buch hat meine eher negativen Erwartungen, die ich nach der Leseprobe hatte, nicht erfüllt, konnte aber die dann aufgebauten positiven Erwartungen auch nicht komplett erfüllen. In diesem Sinne:

Das Buch ist gut, aber nicht oberkrass und Berlin ist noch viel mehr als das!