Stürme

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sago Avatar

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Amy Liptrot legt hier mit entwaffnender Ehrlichkeit ihre eigene Geschichte vor. Sie wächst auf den Orkney-Inseln auf, wo bei Sturm Kühe wie Drachen durch die Lüfte segeln. Doch das sind nicht die einzigen Stürme, mit denen sich Amy auseinandersetzen muss. Ihr Vater ist manisch-depressiv, und dies prägt Amy so sehr, dass sie als junge Erwachsene stets die Extreme sucht. Sie zieht nach London und umgibt sich mit party people, doch anders als ihr Freund hat sie ihr Trinkverhalten schnell nicht mehr im Griff. Daran scheitert nicht nur die Beziehung, auch beruflich gelingt es ihr nicht, dauerhaft Fuß zu fassen.

Amy muss sich eingestehen, dass sie alhoholsüchtig geworden ist. Nach einem Entzug kehrt sie auf die Orkney-Inseln zurück. Während sie sich als Kind dort nie richtig heimisch fühlte, erkennt sie nun die große Kraft, die dort von den Naturgewalten ausgeht. In wechselnden Jobs, beim Errichten von Trockenmauern, bei ihrer Arbeit für eine Vogelschutzinitiative kommt sie der Natur und damit sich selbst wieder ganz nah, wird auf sich zurückgeworfen.

Da sind die titelgebenden "Nachtlichter", leuchtende Wolken aus Eiskristallen, "merry dancers" (die bekannten Nordlichter), Brocken von Amber aus dem Meer, immer wieder Treibholz... Wie Treibholz ist auch Amy bisher durch ihr Leben gegangen. Immer wieder zieht sie in wunderbaren Naturschilderungen Parallelen zu ihrem früheren Leben in London und ihren Abstürzen, ohne sich je zu schonen.

Wörtliche Rede sucht man hier vergebens; ich habe sie allerdings angesichts der Schönheit der Orkneys und Amys interessanter Geschichte nicht vermisst. Der Buchumschlag in Aqua-Tönen mit einem Zug weißer Vögel passt wunderbar zu Amys Möwenbeobachtungen.

Eine besondere Lektüre, die mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird.