Düstere neue Welt

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steffis_buecherwelt Avatar

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Nachtlügen, Lügen der Nacht, Träume so finster wie das Cover des Buchs.

Die Idee, die Lisanne Surborg in ihrem Fantasyroman "Nachtlügen” niederschreibt, war für mich ziemlich neu. Ich lese sehr viel im Fantasygenre, doch Nachtalbe kamen bisher in keinem der Werke vor, weshalb sich Lisannes Surborgs Geschichte von anderen auf jeden Fall abhebt.

Dabei ist ihr Worldbuilding gut durchdacht. Die Welt der Nachtalbe folgt einer klaren, gut überlegten Struktur, die auch gesellschaftliche Themen aufgreift. Die Protagonistin ist nicht nur irgendein Fantasywesen, sondern stellt einen Charakter dar, der in gut durchdachten gesellschaftlichen Strukturen eingebettet ist. Die zugrundeliegende Problematik der Geschichte wird dabei durch die wesenstypischen Gegebenheiten, die sich Lisanne Surborg für ihre Wesen ausgedacht hat, verstärkt. So ist das Stehlen von Träumen stehlen und Schenken von Albträumen der Albe nicht irgendein Hobby, sondern lebensnotwendig. Zusätzlich sorgen die Intermezzo-Kapitel für eine authentische Welt. Durch Blogbeiträge, Podcasts, Ausschnitte aus dem REM-Handbuch, Interviews etc. wird die Gesellschaft der Nachtalbe greifbarer.

Die Protagonistin Isra ist nicht per se ein Sympathieträger, da sie unnahbar und distanziert ist. Dennoch konnte sie mich für sich gewinnen, da sie durch zum Teil überstürzte, unüberlegte, gar dämliche Entscheidungen sehr authentisch wirkt. Doch so distanziert wie auch Isra ist, wirken sämtliche Beziehungen innerhalb der Geschichte, ganz unabhängig ob es dabei um Liebesbeziehungen, familiäre oder freundschaftliche Bindungen geht, sämtliche Beziehungen sind ziemlich oberflächlich und ihnen fehlt die emotionale Tiefe, die den Leser mitreißen kann. Zum Teil war für mich auch die schrittweise Entwicklung der Beziehung nicht ersichtlich.

Lisanne Surborgs Schreibstil ist sehr angenehm. Sie schafft es, den Leser bereits nach wenigen Worten in ihre Welt zu ziehen und als stiller Beobachter in Isras Alltag abzutauchen. Dabei fängt die Handlung spannend an, nicht zuletzt weil die Idee doch sehr neu und damit interessant ist. Man findez als Leser schnell in die Welt und möchte mehr über die Nachtalbe erfahren. Die beschriebenen Träume lassen den Leser träumen, aber genauso schnell wird auch er in düstere Albträume gezogen. Lisanne Surborg schafft Stimmung, die den Leser eine Gänsehaut über den Rücken jagt. Mit der Zeit wird die Geschichte dann aber doch etwas langatmig und man bekommt das Gefühl, dass die Handlung stagniert. Doch zum Schluss hin nimmt die Handlung wieder an Fahrt auf. Dennoch wirken manche Situationen konstruiert und gezwungen reingequetscht. Ich persönlich hatte den Wunsch nach mehr unvorhersehbaren Wendungen.


Fazit:
Lisanne Surborg hat mit ihrem Werk “Nachzlügen” dem Fantasygenre neue Elemente hinzugefügt. Dabei hat sie eine gut durchdachte Welt geschaffen, die u.a. über gesellschaftliche Strukturen verfügt. Die Protagonistin ist authentisch, doch die Beziehungen unter den einzelnen Charakteren bleibt oberflächlich. Der Schreibstil ist angenehm, die Umgebung düster und atmosphärisch. Die Handlung startet spannend, flacht dann aber leider ziemlich ab, ehe sie noch einmal hinsichtlich der Spannung steigt.