Eine ungewöhnliche Sicht auf einen untergegangen Staat

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Aron Boks hat mich angenehm überrascht.
Seine Recherchen, die er mit diesem Buch öffentlich gemacht hat, haben mir den Blick auf den Staat DDR aus einer ganz neuen Perspektive ermöglicht. Nicht die unsäglichen Wiederholungen des Stasi- und Unterdrückungsstaats-Erinnerungen, die so gerne in die „Befreiung“ der Wende führten.
Nein. Hier kommen Menschen zu Wort, die einen sehr differenzierten Eindruck davon vermittelen, wie es ihnen persönlich in den Zeiten zwischen Gründung, Mauerbau und Wende ergangen ist.
Aron hört zu, und an manchen Stellen seiner Selbstreflektion wird deutlich, wie sehr unser Bild von der DDR und den Menschen dort, von Vereinfachung und Vorurteilen geprägt ist.
Und über alle dem schwebt Willi Sitte. Kommunist, Maler, Künstler, Funktionär.
Ich fand es schade, dass keine Abbildungen von den Werken in das Buch aufgenommen wurden. Aber es hat mich veranlasst im Netz danach zu suchen und meine Eindrücke, mit denen der im Buch genannten Personen zu vergleichen.
Willi Sittes Werke werden mich niemals faszinieren. Aber ich verstehe, warum andere es sind.
Aron Boks Ausschnitt der DDR-Historie insbesondere was das Kunstwesen angeht, fand ich erfrischend und anders. Was hat die DDR-Führung nicht alles getan, um den Staat und dessen Errungenschaften zu feiern. Insbesondere die Sportler, die nach der Wende so schnell vereinnahmt wurden.
Hier nun die Kunst, die Künstler, ob malend, schreibend oder dichtend. Wunderbar die Zusammenstellung, die Aron Boks in diesem Buch kreiert.
Mich hat das Buch ab der ersten Seite mitgenommen, es hat mich fasziniert und ich denke, auch ein wenig nachdenklich gemacht, wie ich selbst die DDR sehe. Auch ich habe die Wende als Wessi mehr als Befreiung der DDR-Bürger gesehen. Dass dies nicht in jedem Fall so gewesen ist, wird in diesem Buch sehr deutlich und differenziert dargelegt.
Was die Person Willi Sittes angeht, so habe ich den Eindruck gewonnen, dass er ein Mensch war. Mit Fehlern, egoistisch und altruistisch zugleich.
Das Buch hat mir gezeigt, dass selbst historische Dokumente, wenn sie für jeden öffentlich zugänglich sind, nicht immer nur die eine Wahrheit wiedergeben, sondern je nach Perspektive interpretierbar bleiben.
Was am Ede bleibt ist die Frage, was die ganze Geschichte mit Aron Boks zu tun hat und was sie mit im gemacht hat.
Hier muss jeder Leser selbst entscheiden.