Zwiegespalten

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katercarlo Avatar

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Beim Lesen von „Narbensohn“ habe ich ständig zwischen Freude und Enttäuschung geschwankt. Es gibt einiges, dass mir an dem Buch gefallen hat, aber auch Vieles das nicht so gut gelungen ist.
So finde ich die Ausgangsidee spannend. Helena ist Studentin und will Autorin werden. Dafür führt sie mehrere Interviews mit Häftlingen eines Gefängnisses. Dabei verliebt sie sich in Liam Winterfeld, einen verurteilten Mörder, und wird in sein Leben und seine Probleme hineingezogen. Eine Liebesgeschichte mit einem Mörder ist ungewöhnlich und die Kombination aus Romanze und Thriller hat mich zusätzlich neugierig gemacht. Leider musste ich feststellen, dass das Buch schnell die üblichen Bahnen einer Liebesschnulze einschlägt und ziemlicher Mainstream ist.
Die Charaktere werden gut dargestellt, sind jedoch sehr stereotyp und extrem. Helena ist das Gute schlechthin: selbstlos, aufopfernd, verständnisvoll, mutig und liebenswürdig. Liam ist der Bad Boy, der sich als äußerst intelligent, sensibel und treu herausstellt. Die Bösen in der Geschichte sind dagegen so abgrundtief schlecht, dass sich nicht ein Fünkchen Gutes in ihnen finden lässt. Mich hätte es gefreut, wenn das Buch vielschichtigere Persönlichkeiten bieten würde, deren Handlungen weniger vorhersehbar sind und den Leser mit ihren Gedanken und Handlungen faszinieren.
Die Dialoge im Buch sind unterhaltsam mit leichter Tendenz zum Kitsch. Der Schreibstil ist manchmal sehr fesselnd, an anderen Stellen allerdings auch ziemlich unbeholfen.
Alles in allem lässt mich das Buch zwiegespalten zurück. „Narbensohn“ hat seine Höhen und Tiefen, die sich letztendlich die Waage halten.