Reisen mit Chinesen

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takabayashi Avatar

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Der Autor, seines Zeichens Sinologe und Verfasser eines Buches über China und - vor allem - zahlreicher Internetbeiträge hat einen gewissen Bekanntheitsgrad in China erreicht, was sein Ansinnen, sich "unauffällig" einer chinesischen Reisegruppe auf Europa-Trip anzuschließen, etwas erschwert.
Er fährt nach Peking, und versucht dort, eine entsprechende Reisegruppe aufzutreiben. Schließlich ist eine Reisegruppe gefunden und er hält den Reisevertrag in der Hand, der erstaunliche Hinweise und Ermahnungen enthält, z. B. "Nehmen Sie Rücksicht auf Ihre Umgebung, indem Sie am Büfett Verschwendungen vermeiden: Essen Sie zuerst Ihren Teller leer, und nehmen Sie sich dann nach. Wenn man all die Speisen, die einem zusagen, für sich selbst zurücklegt, dann ist das ein unhöfliches und selbstsüchtiges Verhalten."
Beim Zusammentreffen mit der Gruppe auf dem Flughafen, sind die Reisegenossen zunächst eher reserviert. Doch das ändert sich bald und die kleine Gruppe um Reiseleiter Huang akzeptiert ihn schnell als gleichwertigen Teilnehmer, zumal er sich durch seine Sprachkenntnisse gut eingliedert.
Rehage schafft es, den Standpunkt der Gruppe und nicht den des außenstehenden Beobachters einzunehmen, er schreibt immer "wir", nicht "sie" und "ich", es gelingt ihm, die Eindrücke und Befindlichkeiten seiner Mitreisenden einfühlsam zu schildern. Nebenbei erfahren wir einiges über China und die chinesische Politik.
Die Reise startet an einem Sonntagmorgen im winterlichen und menschenleeren München, kreuzt Österreich, um dann in Italien in Venedig, Florenz und Rom Station zu machen. Dann geht es in die Schweiz, nach Luzern und auf einen schneebedeckten Berg, als Höhepunkt nach Paris und zum Abschluss nach Frankfurt.
Es macht Spaß mitzuerleben, wie sich freundschaftliche Beziehungen zu den einzelnen Mitgliedern der Reisegruppe entwickeln, die er dann drei Monate später alle an ihren jeweiligen Heimatorten besucht. Amüsant fand ich auch die Bezeichnungen, die er für seine Mitreisenden gefunden hatte, bevor er ihre Namen kannte.
Dieses warmherzige Buch ist unterhaltsam, witzig und informativ, macht sich nie lustig über seine Protagonisten. Ein sympathisches Buch, das uns mit der Erkenntnis zurücklässt, dass Chinesen auch nur Menschen, und uns gar nicht so fremd sind. Ein positives Zeichen in unserer leider so fremdenfeindlichen Zeit und ein Buch, dem ich viele Leser wünsche.