Kurzgeschichte oder Tod?

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“Nicht ein Wort zu viel” von Andreas Winkelmann überzeugt mich als Thriller-Fan.

“Erzähl mir eine spannende Geschichte. Sie darf fünf Wörter haben. Sonst muss dein Freund sterben.“ Buchbloggerin Faja ist verantwortlich für eine Lesung und hat keine Zeit für die Scherze ihres Internet-Bekannten Claas. Er sitzt in Folie gewickelt, geknebelt und mit dieser sonderbaren Botschaft an Sie gerichtet auf einem Stuhl. Claas ist bekannt für seine seltsamen Scherze.
Bis sich herausstellt, dass es sich nicht um einen Scherz handelt. Es ist purer Ernst und Realität-Claas ist Opfer eines Verbrechens. Und der Mörder hat es auf Buchblogger abgesehen, seine Forderung ist utopisch: Eine Geschichte aus fünf Wörtern soll ein Menschenleben retten?

Und falls es nicht klappt, wer trägt die Schuld?

Der Ermittler Jaro ist belesen und ahnt, dass sich der Mörder auf die Aussage von Ernest Hemingway bezieht:
For sale: Baby shoes. Never worn.
Sechs Wörter in der englischen Sprache und doch beinhaltet es ein Drama; es ist eine Kurzgeschichte.
5 Wörter in Deutsch: Zu verkaufen: Babyschuhe, nie getragen.

Was für ein perfides Spiel wird hier gespielt? Ist es ein gekränkter Autor? Wer möchte Rache üben an den friedlichen Lesern?

Die Handlung ist sehr komplex, es wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt und die Spannung wird hoch gehalten. Die Protagonistin Faja hat eine schlimme Vergangenheit und es ist denkbar, dass dies in Zusammenhang mit den Morden steht. Die Polizisten Simon und Jaro versuchen in alle Richtungen zu ermitteln und doch fühlt es sich an, als wären sie immer zwei Schritte hinter den Ereignissen. Die Zeit läuft den beiden Ermittlern davon, der Mörder geht strukturiert und gewissenhaft vor, ein Entkommen ist nur mit der richtigen Geschichte möglich. Oder doch nicht?

Andreas Winkelmann zieht den Leser in einem Strudel der Verwirrung, Irreführung und Angst; seine Schreibweise ist mitreißend und detailgetreu. Die Protagonisten sind authentisch und die Szenen von Grauen erfüllt. Winkelmann beschreibt die Kritik der Buchblogger und Buchjunkies, die oftmals kränkende Rezensionen und die sozialen Medien sehr reell. Der Bezug zur Literatur und Buchszene ist sehr gut ausgearbeitet und realistisch dargestellt. Liebe, Hass, Trauer, Enttäuschung und Demütigung spielen eine große Rolle in diesem Thriller und gefesselt bis zur letzten Seite rätselt man, wer der Mörder ist und auf welcher Grundlage die Morde geschahen.

Ein absolutes Lesehighlight und eine klare Empfehlung.