Ein großartiges Buch!

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soetom Avatar

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Die erste Klippe, die das Buch umschiffen musste: "Niemals" ist der zweite Band einer Trilogie und ich habe von Beginn an gemerkt, dass mir die Vorgeschichte fehlt. Das Bemerkenswerte dabei war, dass dabei der Lesespaß in keinster Weise beeinträchtigt wurde. Im Gegenteil - es hat mich neugierig gemacht, die "Lücke" bei nächster Gelegenheit zu schließen.

Die zweite Klippe folgt sogleich: "Behinderung" in einer Geschichte ist fur mich so eine Sache. Ich kenne beruflich und privat einige Menschen mit Behinderungen und es ärgert mich, wenn fiktive "Behinderte" klischeehaft dargestellt werden oder aufgrund eines Handicaps automatisch zum Opfer gemacht oder aus falscher political correctness zu Superhelden werden. All das passiert hier weder mit der blinden Hauptfigur noch mit dem unterschenkelamputierten Mitstreiter. Beide lernen mit ihren Besonderheiten zu leben und mit ihren Stärken und Schwachen Teil eines Teams zu sein, wie alle anderen auch. Und - Pluspunkt für mich - beide wissen, dass sie aufgrund ihrer ausergewöhnlichen vorherigen körperlichen und mentalen Stärke viel bessere Voraussetzungen haben als andere Menschen. Es kann also niemand hinein interpretieren, es wäre ja nicht schlimm, plötzlich mit einer Einschränkung zu leben. Das ist wirklich gelungen und das Nachwort zeigt, dass der Autor da Herzblut hineingelegt hat. Respekt!

Und dazu ist die Geschichte ein komplexes Geflecht aus Verrat und Verschwörung, durchzogen mit einem Wechsel aus packenden Action-Szenen und kniffligem Rätselraten.

Ich habe nur zwei kleine Einschränkungen, die aber auch meinem persönlichen Empfinden geschuldet sein können:
Zum einen ist mir die Auflösung nach seitenlangem darauf zu steuern im Showdown ein wenig zu abrupt. Ich finde es zwar schön, keinen ewiglangen Dialog zwischen Held und Bösewicht ertragen zu müssen, der die Handlung nicht mehr voran bringt, aber ein paar Sätze mehr hätte ich schon schöner gefunden.
Zum zweiten beginnt die Geschichte im Grunde damit, dass die Heldin ihren sexuellen Bedürfnissen nachgibt, dadurch unaufmerksam wird und den Mann, den sie beschützen soll, nicht schützt. Daraus wird dann der Erzählfaden, dass sie - im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen, die meist Familien haben - bindungsunfähig wäre. Klar kann ein traumatisches Erlebnis dazu führen - Gandi hat aus weniger Dramatischem heraus abstinent gelebt - aber warum dürfen Frauen in Krimis so selten eine eigene Sexualität haben, die nicht von irgendwelchen Defiziten handelt?

Aber wie gesagt sind das eher subjektive Anmerkungen, denn alles in allem ist das Buch fesselnd, spannend und durchdacht geschrieben. Ein echtes Highlight in meinem Bücherregal!