Gelungene Fortsetzung

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aennie Avatar

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Seit sie klein war, stand für Jenny Aaron fest, dass sie den Weg ihres Vaters einschlagen wird. Der GSG-9-Mann ist zu ihrem gigantischen Vorbild geworden. Sein konstantes Training, erst als Spiel, immer mit Hintergrund, hat sie zu einer Frau mit außergewöhnlichen Fähigkeiten gemacht, einer Waffe und Teil der geheimsten Abteilung, die die deutsche Polizei aufweist. 40 Männer (+Frauen), die sich nur mit dem Nachnamen ansprechen, funktionieren wie gut geölte Maschinen und ineinandergreifen wie Zahnräder. Bereit zu töten und bereit zu sterben. Fast jeder Einsatz fordert Verluste, aber das ist jedem der Beteiligten bewusst. Manche Einsätze hinterlassen Spuren, an den Körpern und der Seele. Eine solche Spur trägt auch Jenny Aaron, denn sie ist erblindet, geblendet. Doch ihr gestählter Körper und ihr Geist machen sie zu einer Blinden mit herausragenden Fähigkeiten. Nur Teil der Abteilung ist sie zunächst nicht mehr, sondern Verhörspezialistin. Doch dann soll sie zurückkehren, weil man sie zurück haben möchte, weil man um ihre Qualitäten weiß, weil sie blind besser ist als andere mit intakten Augen.
Aus einem weiten Bogen, Ereignisse, die vor 10 Jahren ihren Anfang nahmen entwickelt sich dann der aktuelle Einsatz, der Fall, an dem Jenny Aaron beteiligt ist. Ein Einsatz, der persönlicher nicht sein könnte und sie direkt wieder in die volle Härte der Abteilung katapultiert und darüber hinaus in die schmerzvollsten und prägendsten Ereignisse ihres Lebens. Bei all dem bemerkt sie plötzlich manchmal Schlieren im Dunkel ihrer Blindheit, dann wieder nicht. Gibt es einen Weg zurück für sie? Und was ist sie bereit, dafür zu tun?

Wieder hat der Autor es geschafft mich mit seiner Figur Jenny Aaron in den Bann zu ziehen. Ich finde nicht nur ihre Fähigkeiten an sich, sondern auch die Schilderungen ihrer Wahrnehmungen, Gerüche, Geräusche, Temperaturschwankungen unglaublich faszinierend. Selbstverständlich ist auch die Handlung wieder äußerst spannend, oftmals brutal – aber nicht blutrünstig, sondern sehr technisch, würde ich fast sagen, nüchtern, sachlich – das gefällt mir extrem gut und ich habe das Gefühl, immer unglaublich viele Fakten aufzunehmen (bzw. bei Wikipedia nachlesen zu müssen – mich interessiert es dann einfach was ein Hartkerngeschoss ist und was ein Vollmantelgeschoss und wie sich Adrenalin auf die Sinnesorgane auswirkt etc).
Was für mich die Thriller von Andreas Pflüger aber vor allem ausmacht, ist der absolut unverwechselbare Stil des Autors. Die konsequente Verwendung des Präsens verleiht allem – den Personen, den Ereignissen eine unglaubliche Präsenz, eine spürbare Nähe und Unmittelbarkeit. Bei mir hat dies eine regelrechte Sogwirkung. Auch wenn jetzt in diesem Band viele Fäden der Vergangenheit entwirrt wurden - ich hoffe sehr, dass die Geschichte um Jenny Aaron weitergeht, ihre Entwicklung weiterverfolgt werden darf.