Gelungene Fortsetzung

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„Glückwunsch, Frau Aaron: Sie besitzen jetzt zwei Milliarden Dollar.“ Kein alltägliches Geschenk für eine ehemalige Ermittlerin der Berliner „Abteilung“, ein Spezialkommando für die ganz besonderen Einsätze, die wenig bis gar keine Öffentlichkeit vertragen.

Frau Aaron, das ist Jenny Aaron. Seit sie blind ist, ist sie spezialisiert auf Verhöre, arbeitet beim BKA. Und: Schuld an ihrer Blindheit hat eben jener Gangster namens Holm, der ihr nun die zwei Milliarden Dollar vermacht. Bei einer Verfolgungsjagd hat er sie so angeschossen, dass sie erblindete. Und: Holm sagt, dass er weiß, wer ihren Vater auf dem Gewissen hat, wer der „Broker“ ist. Deshalb kehrt Jenny Aaron in Andreas Pflügers neuem Thriller „Niemals“ wieder zur Abteilung zurück, obwohl sie erblindet ist und eigentlich ein ruhigeres Leben beim BKA hätte haben können.

Trotz aller actiongeladenen Handlung, trotz aller krummen Geschäfte: in „Niemals“ ist Jenny Aaron die Hauptperson. Andreas Pflüger hat sich eine taffe blinde Protagonistin ausgedacht. Eine, die nicht auf Hilfe angewiesen sein will. Eine, die nach einem langen, schmerzhaften Prozess sich neu gefunden hat, ohne sich neu erfinden zu müssen. Jenny Aaron schafft 200 Sit-ups und 50 Liegestützen, bis das Badewasser eingelassen ist.

Wie taff Jenny Aaron ist, zeigt sie auch im Kampf. Was sie durch Blindheit an Nachteil hat, gleicht sie durch andere Sinne aus. Kampftechnik ist ihr Metier. In seinem Thriller macht Andreas Pflüger dabei auch vor grausigen Szenen kein Halt. Gewalt kommt zwar nur an wenigen Stellen im Buch vor, ist dann aber äußerst intensiv beschrieben, für manche sicherlich zu brutal.

Im Vergleich zu seinem Vorgänger „Endgültig“ ist „Niemals“ ein wenig ruhiger geraten. Die Handlung ist nicht mehr ganz so komplex, nicht mehr ganz so actiongeladen. Es wird ermittelt, es gibt Rückblenden, Jenny Aaron bekommt Hoffnung, dass ihre Blindheit nicht von Dauer ist. Das alles führt dazu, dass der Thriller in ruhigeres Fahrwasser gerät. Und das tut gut. Dem Leser, aber auch Jenny Aaron. Sie wird zur Hauptfigur, in ihr kulminiert das Geschehen. Das Ende des Buches ist nicht dann erreicht, wenn der „Broker“ ermittelt und gestellt ist, das Ende des Buches gehört Jenny Aaron.

„Niemals“ ist der gelungene Nachfolger von Andreas Pflügers Thriller „Endgültig“ aus dem Jahr 2016. Und doch hat er seine eigene Kontur bekommen. Die Geschwindigkeit ist ein wenig herausgenommen, die Figuren treten etwas mehr in den Vordergrund. Eine gelungene Fortsetzung also.