Nervenzerreißend

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
flaxline Avatar

Von

Ich habe mich so sehr auf "Niemals" gefreut, weil mir der Vorgänger "Endgültig" als ein so neues und aufregendes (Lese-)Erlebnis in Erinnerung geblieben ist. Um ehrlich zu sein: Der erste Band ist zu lang her, um mich an den Inhalt zu erinnern. Ich erinnere mich nurnoch konkret an die Flugzeug-Szene, die sowohl als Lese- sowie als Hörprobe hier abrufbar ist. Die restliche Handlung habe ich nurnoch vage in Erinnerung - was sich eingebrannt hat, war die einzigartige Erzählweise des Autors und das völlig andere Erlebnis, das die Sichtweise einer (ziemlich einzigartigen) Blinden mit sich bringt.

"Niemals" intensivierte dieses Erlebnis. An Aarons Blindheit verändert sich etwas und beeinflusst ihre Wahrnehmung, sie kämpft mit oder gegen sich, weil sie endlich wieder sehen will. Rückblicke in die Vergangenheit geben Einblicke in Aarons Fähigkeiten als Sehende und ihre Erlebnisse als kleines Mädchen. Ausschnitte aus ihren Träumen lassen vermuten, wie es in ihren Gedanken aussieht.

Für mich war anfangs wieder etwas Gewöhnung an das umfangreiche Vokabular des Autors nötig, ich hatte mich aber schnell wieder darauf eingestellt. Die Handlung ist detaillreich beschrieben, ohne den Überblick über das Big Picture verlieren zu lassen, an den richtigen Stellen grausam, ohne abzuschrecken oder herzlos zu wirken und besonders gegen Ende für mich total emotional.

Im Normalfall kann ich bei den letzten 100-200 Seiten eines Buches nicht mehr aufhören, weil die Handlung eine solche Grausamkeit erreicht, dass mir eine Lesepause noch mehr Schlaf rauben würde wie das schlichte Beenden des Buches. Bei "Niemals" habe ich für die letzten 100 Seiten 2 Abende gebraucht, an denen ich schlussendlich in durchgeweinten Kissen lag, weil die Erzählung einerseits so traurig und schön gleichzeitig war.
Zugegeben - ich bin sehr emotional. Aber das Buch enthielt so oft kleine Momente, in denen mir die Tränen kamen, weil es so schön war. Mich hat das Happy End ganz am Ende sehr gefreut - ganz ohne Kitsch, aber ein positiver Abschluss.

Schlussendlich finde ich die Grundaussage hinter der Handlung und vieler der Hintergrundgeschichten sehr schön: Du kannst alles schaffen, wenn du es nur willst. Das menschliche Gehirn kann unfassbares leisten und nur weil du ein Bein oder dein Sehvermögen verlierst, bedeutet das nicht, dass du zu weniger fähig bist. Du musst es nur zu deinem Vorteil nutzen und anders an die Sache rangehen.

Ich könnte noch so viel schreiben, was ich an diesem Buch und auch seinem Vorgänger so sehr mag. Aber es gibt auch was, was mir nicht gefällt: Dass die Geschichte um Jenny Aaron (hoffentlich nur vorerst) zuende ist.