Eine seltsame Freundschaft

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buecherfan.wit Avatar

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In dem Roman "Nilowsky" von Torsten Schulz zieht der 14jährige noch namenlose Ich-Erzähler mit seinen Eltern vom Prenzlauer Berg in den Osten Berlins, weil die Eltern im Chemiewerk in der Nähe neue Stellen angetreten haben. Es ist keine schöne Wohngegend. Es stinkt nach Schwefelabgasen, und die Bahnlinie mit den ratternden Zügen ist ganz in der Nähe. Drei Wochen nach dem Umzug lernt der Erzähler - laut Klappentext Markus Bäcker - Reiner Nilowsky, den 17jährigen Sohn des Kneipenwirts kennen. Der fast ständig betrunkene Vater des Jungen betreibt ein Lokal im selben Haus, und sein Sohn muss in der Kneipe mitarbeiten. Markus freundet sich mit Reiner an und bewundert ihn ein wenig, aber er ist ihm auch unheimlich. Reiner vertritt abstruse Theorien zu Chemie, Medizin und zur Revolution in Mozambique, wo einige der Chemiearbeiter herkommen, als Beweis für die internationale Solidarität des Proletariats. Reiner hasst und verachtet seinen Vater, der ihn in einer Szene brutal mit dem Feuerhaken schlägt. Den Eltern ist die Freundschaft der Jungen nicht ganz geheuer. Sie halten Reiner nicht für einen geeigneten Umgang für ihren Sohn.
Mir hat die Leseprobe gut gefallen, vor allem wie der Autor es schafft, seine Protagonisten durch Sprache zu charakterisieren. Reiner ist anders als andere Jungen, und er spricht anders. Seine Sprache ist seltsam elliptisch und redundant Ein schönes Beispiel dafür sind Reiners Ausführungen über die Herstellung von Schwefeldioxid durch Einatmen der Schwefelabgase unter Einsatz der eigenen Körperwärme, ein Prozess, der auch noch gesund für die Regulierung des Blutdrucks sein soll: "Die ist, wenn du willst, dass sie so groß ist, wenn du das unbedingt, wenn du das hundertprozentig willst, ist sie auch so groß. Das ist sie." (S. 5)
Mich interessiert der Fortgang der Geschichte, die für den Erzähler eine Reihe von gefährlichen Situation mit sich bringen wird. Der Roman erzählt von der Bedeutung und den Grenzen von Freundschaft und vom Erwachsenwerden. Ein vielversprechender Romananfang.