Schelmenhafte Legende

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Mit „Nincshof“ hat Johanna Sebauer ein erzählfreudiges, sehr humorvolles und schelmenhaftes Debüt veröffentlicht. Ein Dorf an der österreichisch-ungarischen Grenze, idyllisch am Neusiedlersee gelegen, möchte so wie es früher einmal war, einfach nur aus der Landkarte und dem chaotischen Weltgeschehen verschwinden und setzt dabei einen Sommer lang auf allerlei skurril-turbulente Vorhaben und fabelhafte Ideen.

Die alteingesessenen Bewohner samt Bürgermeister des fiktiven Nincshof möchten nur noch überschaubar für sich hinter dem Schilf sein und ihre eigentümlichen Bräuche und Traditionen einkapseln. Eine Legende von früher besagt, dass das schon mal so war. Es bildet sich eine Gruppe fanatischer Oblivisten, die sich gegen Zugezogene wie Isa Bachgasser mit Familie und peruanischen Irrziegen, sowie angereiste Touristen wehrt. Dass es dabei sehr wild zugeht, ist vorprogrammiert.

In einer detaillierten, auktorialen Erzählweise voller wunderschönen Bildern und ironischen Beobachtungen mutet der schwungvoll-fidele Dorfroman wie ein schelmenhaftes Märchen an. Die verschrobenen Charaktere voller wundersamen Eigenarten, allen voran die betagte, renitente Protagonistin Erna Rohdiebl, sind dabei sehr dicht sowie liebevoll gezeichnet und sorgen für viele heitere Lesestunden. Sebauer verstrickt diese in ihrer irrwitzigen Groteske in allerhand Irrungen und Wirrungen und manche Wendung mag etwas zu einfach gelöst sein – und trotzdem ist ihr mit „Nincshof“ ein urkomisch-unterhaltsamer Debütroman gelungen, der bei aller Heiterkeit und skurriler Burgenland-Idylle auch kurz zum ernsten Nachdenken über aktuelle gesellschaftliche Abgrenzungstendenzen sowie über die vielen Facetten der individuellen Wahrnehmung und vorschnelles Verurteilen nachdenken lässt.