Eine interessante, emotionale Geschichte!

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~ Ein interessantes Buch, das auch für Menschen, die an der Wiedergeburt zweifeln, geeignet ist. Der flüssige Schreibstil, die gut ausgearbeiteten Figuren und die ernsten Themen, die angesprochen werden, haben mir gut gefallen. Sterneabzug gibt es für die zu vielen Details (Rückblenden, zu viele Perspektiven) und die unsympathische Figur Noah, die mich einfach nur genervt hat. ~

Inhalt

Die alleinerziehende Mutter Janie ist verzweifelt. Ihr vierjähriger Sohn Noah wird von schlimmen Albträumen geplagt und spricht ständig von seiner „anderen Mutter“ und davon, dass er nach Hause will. Unzählige Ärzte können Janie nicht wirklich helfen, ihre letzte Hoffnung ist ein Psychologieprofessor, der das Phänomen Wiedergeburt erforscht. Wird Anderson Noah helfen können?

Informationen

Erzählstil: Personaler Erzähler, Präteritum;
Perspektive: Kapitel aus männlicher und weiblicher Sicht (viele verschiedene Perspektiven)

Meine Meinung

Schreibstil

Der Schreibstil ist angenehm, auch wenn er teilweise doch ein bisschen zu sehr ins Detail geht. Großteils jedoch ist er wirklich flüssig und vor allem sehr anschaulich, so dass man als Leser alles sofort und in den schönsten Farben vor sich sieht. Der Autorin fällt es augenscheinlich leicht, Emotionen zu transportieren; so präzise, wie sie Mimik und Körpersprache beschreibt, kann man die Personen fast vor sich sehen. Selten gibt es auch wunderschöne Sätze, die unglaublich viel Wahrheit enthalten und mir sehr gefallen haben.


„Wie haben Sie es geschafft?“, fragte sie leise.
„Was geschafft?“
„Jemanden zu verlieren? Wie haben Sie das ertragen?“
„Sie atmen ein“, sagte er und trank einen Schluck Wasser. „Und dann atmen Sie wieder aus.“ Seite 300


Nur die Rückblenden, die immer wieder eingebaut werden und ebenso detailliert wie der Handlungsstrang in der Gegenwart ausgeführt werden, fand ich manchmal langatmig und anstrengend zu lesen, weil sie meinen Lesefluss gestört haben. Nicht immer empfand ich die ausschweigend erzählten Vorkommnisse wichtig genug, um ihnen mehrere Seiten zu widmen – genauso gut hätte es oftmals gereicht, wenn die Figur sich einfach in Gedanken zurückerinnert hätte. Diese immer wieder vorkommende leichte Langatmigkeit ist ein Grund für den Sterneabzug.

Interessant fand ich die eingeschobenen Beschreibungen von (angeblich) wiedergeborenen Kindern in verschiedenen Ländern. Auch wenn diese wissenschaftlich und nüchtern sein sollen, hätte man sie jedoch – wenn schon nicht spannender – wenigstens präziser formulieren können. Immer wieder wiederholen sich dieselben Vorgänge und absolut unerhebliche Details werden erwähnt, was mich um Überlesen motiviert hat.

Personen

Auch wenn sie ausnahmslos sehr gut ausgearbeitet waren, konnten mich die Personen dennoch nicht alle überzeugen. Während ich Janie oft gut verstehen konnte und ihre Art und Denkweise sehr mochte, konnte ich mich mit Anderson nicht von Anfang an anfreunden (später mochte ich ihn). Seine überhebliche Art, über die Laborarbeit und die Ratten nachzudenken, ging mir gehörig gegen den Strich. Er reflektiert nicht einmal, ob es vielleicht falsch ist, Tierversuche in der heutigen Zeit durchzuführen, sondern tut, als wäre es absolut in Ordnung, diese Tiere auszubeuten und am Ende der Versuche zu töten. Wer sich mit dem Thema (und einem engagierten, von Ärzten gegründeten Verein) einmal eingehender beschäftigt hat, weiß, dass es heutzutage schon viele Alternativen gibt.

Dann gab es eine Person, bei der wurde jede beginnende Sympathie im Keim erstickt. Das Zentrum dieses Romans, um das sich alles dreht, nervte mich schon auf den ersten Seiten. Dabei sieht man ihn ständig durch Jamies liebende Mutteraugen, aber auch das hat nichts genützt. Dieses liebliche, gutmütige, süße Kind, von dem sie immer wieder geschwärmt hat, konnte ich im Roman jedenfalls nirgends entdecken. Noah ist ein egoistisches, verzogenes Kind, das kaum jemals an die Bedürfnisse anderer Menschen denkt, sondern immer seinen Willen durchsetzen will. Und das ist auch der zweite Grund für den Sterneabzug. Ganz klar hat Jamie in der Erziehung einiges falsch gemacht, denn sie ist absolut inkonsequent.

Nur ein Beispiel für Janies Inkonsequenz (es gibt viele): Nach Jahren hat sie endlich wieder einmal ein Date. Das gefällt Noah jedoch überhaupt nicht – er zerschlägt rohe Eier auf der Wand und auf seinem Kopf, was in einem Bad endet, das eher einem Kampf ähnelt, weil sich Noah so dagegen sträubt (dass Janie ihn einfach 2 Wochen lang nicht wäscht, sondern mit Feuchttüchern reinigt (ekelhaft), weil er das nicht will, wäre wieder ein anderes Thema…). Und was macht die konsequente Janie? Sie bleibt Zuhause und bestärkt damit Noahs unangebrachtes, egoistisches Verhalten.

Als ich dann auf Seite 243 Folgendes lesen musste, wollte ich sie am liebsten schütteln: „Janie war immer ein konsequenter Mensch gewesen. Und sie war stolz darauf.“ Wo?, dachte ich genervt. Wo bitte?!

Generell hat mir die Autorin fast ein bisschen ZU viele verschiedene Perspektiven gewählt. Natürlich ist es immer interessant, wie verschiedene Personen über ein gewissen Thema denken, aber dennoch ist es, finde ich, der falsche Weg, deshalb jeder dieser Personen eigene Kapitel zuteilwerden zu lassen. Jede Lebensgeschichte war interessant für sich, aber insgesamt waren e mir einfach zu viele. Übertrieben gesagt, erwartete ich schon fast, dass nach einer Begegnung mit der Stewardess das nächste Kapitel aus ihrer Sicht geschrieben sein würde. Nur, um das Problem zu veranschaulichen.

Idee und Themen

Die angesprochenen Themen wurden sehr verständlich und anschaulich beschrieben. Auch als jemand, der nicht wirklich an die Wiedergeburt glaubt, fand ich das Buch niemals lächerlich oder grob unglaubwürdig, und war auch nie versucht, es abzubrechen. Im Gegenteil, durch die ebenfalls zweifelnde Janie wird man langsam an das Thema herangeführt, das fand ich sehr angenehm.

Generell werden sehr viele ernste Themen angesprochen wie Tod, Krankheit und Trauer. Das ist nicht immer leicht zu verdauen, wodurch der tiefgründige Roman sich nicht nebenbei lesen lässt. Die Autorin nimmt ihre Figuren und deren Sorgen ernst, wodurch dieses Buch nicht nur positiv und lebensbejahend erscheint, sondern oftmals auch traurig. Schwierige Themen behandelt Sharon Guskin mit der nötigen Einfühlsamkeit, was mir sehr gut gefallen hat.

Dialoge

Die Dialoge sind authentisch und wirken natürlich, nicht konstruiert.

Spannung

Auch wenn es manchmal etwas langatmig wurde, hat das Buch auch viele spannende und interessante Stellen. Das Rätsel um Noah verwandelt das Buch in der zweiten Hälfte fast schon in einen Krimi, man fiebert richtig bei der Lösungsfindung mit.


Mein Fazit

Ein interessantes Buch, das auch für Menschen, die an der Wiedergeburt zweifeln, geeignet ist. Der flüssige Schreibstil, die gut ausgearbeiteten Figuren und die ernsten Themen, die angesprochen werden, haben mir gut gefallen. Sterneabzug gibt es für die zu vielen Details (Rückblenden, zu viele Perspektiven) und die unsympathische Figur Noah, die mich einfach nur genervt hat.

Meine Empfehlung: Für alle, die bereit sind, sich auf das außergewöhnliche Thema einzulassen und die emotionale Geschichten lieben.

Bewertung:

Idee: 5 Sterne
Ausführung: 4 Sterne
Schreibstil: 4 Sterne
Personen: 3 Sterne
Spannung: 3,5 Sterne
Bringt zum Nachdenken: 4 Sterne

Insgesamt:

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Dieses Buch erhält von mir 4 Sterne!