Harfe und Kleeblatt, Stamm und Königin

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kleine hexe Avatar

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Ein Mädchen lernt einen jungen Burschen kennen, beschließt nach drei Monaten mit ihm ihr Leben zu verbringen, begleitet ihn ins Ausland um immer an seiner Seite zu sein, hat zwei Kinder mit ihm in ärmlichen Verhältnissen in Frankreich, Österreich-Ungarn, Schweiz, Italien, Frankreich und schließlich erneut in der Schweiz. Nichts außergewöhnliches. Nur ist der junge Bursche James Joyce, der die Literatur des 20. Jahrhunderts mitgeprägt hat und das Mädchen ist Nora Barnacle, die mit 12 von der Schule musste, um zu arbeiten und ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie willigte ein James Joyce zu begleiten, obwohl er ihr nie die Ehe versprach und sie eigentlich eine gläubige Katholikin war. Nora hielt treu zu ihm, ertrug seinen Alkoholkonsum, glaubte an ihn und seinem Talent, pflegte ihn, richtete ihn immer wieder auf, war seine Stütze und Sekretärin. Nora wird vorgeworfen, sie hätte die Werke ihres Mannes nicht gelesen. Hand aufs Herz, wer hat James Joyce gelesen? Wir wissen alle, wie wichtig er ist für die Entwicklung der Weltliteratur des 20. Jahrhunderts, aber gelesen? Dabei hat Nora einige seiner Werke gelesen, einige richtig gemocht und geschätzt, andere hat sie links liegen gelassen. Sie war auch Mutter zweier Kinder in einer Zeit ohne Waschmaschine, Kühlschrank oder Staubsauger. Viel Zeit hatte sie zum Lesen nicht.
Das Buch ist aus Noras Perspektive geschrieben, sie erzählt in einfachen Sätzen, unverblümt, ohne viel Schnörkel, wie ihr Leben an der Seite des schwierigen James Joyce war. Kurze Kapitel, wie eben jemand erzählt der nicht viel Zeit hat aber doch so viel mitzuteilen hat. Und doch, an manchen Stellen, ist die Sprache pure Poesie, so wenn Nora beschreibt, was sie für Jim bedeutet: „ich bin Kalk und Gras, Heide und Granit. Ich bin aufragende Nippel und Talritze, Ich bin die Regentropfen, die sich einsaugen, und das Meer, das die Küste umfasst. Jim sagt, ich bin Harfe und Kleeblatt, Stamm und Königin. Ich bin Hochkreuz und gekröntes Herz. Ich bin die Sonne, die den Mond am Strick zieht, damit er über den Maamturk Mountains lächelt“. (S. 11 und S. 456). Wenn ein Mann und eine Frau so füreinander empfinden, ihr ganzes Leben lang, dann haben sie etwas richtig gemacht.