Ruhiger cosy Krimi mit angenehmer Nordsee-Atmosphäre

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gluexklaus Avatar

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Anna Wagner hat bisher bei der Polizei in München gearbeitet. Nun soll sie in Sankt Peter Ording im Fall einer vermissten jungen Frau ermitteln. Nina Brechtmann, die aus einer Hoteliersfamilie stammt, sich aber in letzter Zeit für den Umweltschutz stark gemacht hat und sich von ihrer Familie entfremdet hat, ist spurlos verschwunden. Gemeinsam mit Hendrik Norberg, dem neuen Leiter der Polizeidienststelle Sankt Peter Ording versucht Anna Wagner herauszufinden, was mit Nina geschah.

Der Schreibstil der Autorin Svea Jenssen ist gut verständlich, recht flüssig und leicht lesbar. Jenssen erzählt abwechselnd in der dritten Person aus der Sicht von Anna Wagner, Hendrik Norberg und weiterer vom Fall betroffener Personen. Es geht sowohl um das Berufs- als auch um das Privatleben der beiden Polizisten.

Die Hauptpersonen Hendrik Norberg und Anna Wagner orientieren sich gerade beruflich neu. Norberg hat vor kurzem seine Frau Kathrin verloren und seine Tätigkeit bei der Mordkommission in Itzehoe aufgegeben, um bei der Schutzpolizei in Sankt Peter Ording zu arbeiten. Er hofft, sich so mehr um seine beiden Söhne Lasse und Finn kümmern zu können. Norberg und sein Sohn Lasse leiden sehr unter dem Verlust von Kathrin und kommen aktuell nicht gut miteinander aus, was Hendrik natürlich schwer zu schaffen macht.
Auch Anna Wagners Leben hat sich nach der Scheidung von ihrem Mann grundlegend verändert. Der neue Job soll für sie einen Neuanfang bringen.
Hendrik Norberg wirkt zunächst auf andere recht unterkühlt, Anna Wagner macht es ihren Mitmenschen mit ihrer offenen Art da deutlich leichter. Sie gibt sich unkompliziert und pragmatisch, nimmt die Dinge wie sie sind, hadert nicht mit ihrem Schicksal. Hendrik schon. So unterschiedlich sie sind, wirken doch beide auf ihre Art sympathisch. Ganz zögerlich lässt sich Hendrik auf die neue Kollegin ein und die beiden beginnen, gemeinsam zu ermitteln und aufeinander einzugehen. Auch wenn sie noch nicht viel Zeit miteinander verbringen, passen sie irgendwie zusammen. Diese sanfte Entwicklung einer Beziehung zwischen den Figuren, die ganz eigene Dynamik zwischen beiden, wird einfühlsam und nachvollziehbar geschildert. Dass die beiden auch in ihrem Privatleben dargestellt werden, das macht sie für mich „plastischer“.

Atemberaubend spannend und blutrünstig geht es in diesem cosy Krimi nicht zu. Das Erzähltempo ist sehr ruhig, fast gemütlich. Das Rätsel des Falls umfasst die Person Nina. Wo steckt Nina bloß? Gleichzeitig möchte man als Leser mehr von dieser jungen Frau wissen. Die Fragen, wer sie genau war, was sie tat und wie sie sich verhielt, führen näher zu ihrem Verbleib. Die Zahl der Personen, die in den Fall verwickelt ist, ist angenehm überschaubar und überfordert nicht.
Am Rande werden zudem aktuelle Probleme bei der Bebauung von Tourismusgebieten thematisiert, dieser Bezug zur Realität gefiel mir.
Ein wenig mehr Action hätte dem Plot nicht geschadet. Die Handlung hält zudem wenige Überraschungen bereit, die Aufklärung ließ sich schon recht früh erahnen. Dennoch habe ich den langsamen, leisen und stimmigen Krimi recht gerne gelesen. Er spiegelt für mich passend die unaufgeregte, ruhige Atmosphäre im hohen Norden wider. Hier dauert es manchmal einfach, bis sich die Leidenschaft zeigt, aber sie ist bei den Protagonisten schon zu spüren. Kein raffinierter packender Psychothriller mit Krawall, aber ein solider, nachvollziehbarer Krimi vor ansprechender Kulisse mit Figuren, die durchaus Potential haben. Ich bin sehr neugierig, wie sich die Zusammenarbeit der beiden Ermittler noch weiterhin gestalten wird.